Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Über Verbrecher wurden vom Berliner Rat, wie aus demBuch der Übertre­tungen" hervorgeht, barbarische Strafen verhängt. So verbrannte man s^32 einen gewissen Terstian, weil er im Zöllner Ratskeller mit falschen Würfeln ertappt war. Glimpflicher kam Frau Gertrud Ulfe sott, die bei Diebereien gefaßt war und schwören mußte, die Stadt zu verlassen und sich ihr auf zwei Weilen nicht zu nähern; freilich hatte man sie vorher am Schandpfahl öffentlich gegeißelt und ihr ein Ghr abgeschnitten.

Alle die verschiedenen Gruppen von Stadtbewohnern, Bürger, Einwohner und Gäste (oives, lueolue et llospites) waren in gleicher Weise der Strafgewalt des Rats unterworfen. Aber die Erwerbung des Bürgerrechts belehrt uns das Stadt­buch der Neustadt Brandenburg:

^eynlreus eoiwivium et «zui reelpitnr in eivem, üudit Z sei. <teu. et H «len. et prestnbit surnmentum kiclelitutis; Insnper enueionnbit eine re llere «titntem inkrn nnnum et Gern?) (Wer das Bürgerrecht erwirbt und als Bürger ausgenommen wird, hat 3 Schilling 4 Pfennig zu entrichten und den Treueid zu schwören. Außerdem muß er sich verpflichten, sich binnen Jahr und Tag ansässig zu machen.)

In diesen freien, sich selbst regierenden, im Innern stark zentralisierten Städten, mit dicht gedrängter Bevölkerung und fortgeschrittener Arbeitsteilung," sagt Spängenberg,entstanden neue Rechtsanschauungen, neue Begriffe von bürger­lichen Rechten und Pflichten; hier erst entwickelte sich die Geld- und Kredit- wirtschaft. Das weite Gebiet der inneren Verwaltung, das man im Mittelalter als ,Polizei' zu bezeichnen pflegte, Bau- und Verkehrs-, Handel- und Gewerbe-, Gesundheits-, Viktualien-, Sicherheit- und Sittenpolizei, ferner die Wohlfahrts­pflege, Unterricht und Erziehung, Kranken- und Armenpflege zog die städtische Verwaltung in den Kreis ihrer Pflichten und bildete sie in mustergültiger Weise aus. In engem Raum erfüllte die Stadt den ganzen Kreis der staat­lichen Pflichten und erweiterte sie auf Gebieten, welche die noch unentwickelte Verwaltung der Territorien bisher nicht pflegte und noch lange nicht syste­matisch in Angriff nahm." Je weiter man von Gsten nach Westen kam, um so ausgeprägter ist jede Stadt eine kleine Welt für sich; oft besteht gerade, wie sich das bei Berlin-Tölln ebenso wie bei der Alt- und Neustadl Brandenburg verfolgen läßt, zwischen den nächsten Nachbarn der ärgste Zwist. Gewissermaßen ein Komplement zu diesen nachbarlichen Streitigkeiten sind die weit über die Grenzen der Mark hinausreichenden Beziehungen einzelner Städte. Frankfurt und Berlin, Salzwedel und Stendal nehmen an den Tagfahrten der Hansa teillH Reich und trotzig sind die Bürger, der Kirche ergeben, und die einzelnen Städte suchen etwas darin, es einander in prachtvollen, hohen Gotteshäusern zuvorzutun. Um diese Zeit erstehen stattliche, im gotischen Stil errichtete Rathäuser in der Altstadt Brandenburg, in Königsberg und vielen anderen Städten als Wahrzeichen des stolzen Bürgersinns jener Tage.

') vgl. Sello, Mark. Forsch. XVIII, 62f.: 1Z8Ssivs sik civis, incola vel liospss.«

2 ) v. d. Ropp, Hanserezesse, S. I6-4 f., vgl. v. Nießen, Brandenb.-Preuß. Forsch.

X VI, wo ff.

Brandenburgische Landeskunde. Bd. H. ^6