Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Steuern bediente sich der Rat der Beihilfe der niederen Bürger, und zwar von Ver­ordnten der Viergewerke sowie von Vertrauensmännern, die der Rat in jedem Viertel nicht etwa durch die Bürgerschaft wählen ließ das hätte sich mit der Würde des Magistrats schlecht vertragen sondern eigenmächtig ernannte. Da man im Laufe des f6. Jahrhunderts, je mehr man die Stadtgemeinde mit Schoß und Bier- sieuer belastete, um so häufiger Gutachten von ihnen einforderte, begannen diese Stadtverordneten" im alten Sinne des Wortes nach und nach eine Vertretung des Handwerks und der niederen Bürgerschaft in Steuerfragen zu bilden.

In den meisten Städten bestand neben demputrimouium euriaa" noch ein gesondertes, einer bevorzugten Gruppe von Bürgern gehöriges Vermögen, nämlich Anger- und Hütungsflächen, Wiesen und Wald (vgl. oben S. 226). Da die Nutzung dieser Liegenschaften, aus denen sich dasPatrimonium civitatis" zusammensetzte, als dingliches Recht an städtischen Hausgrundstücken haftete, so handelte es sich nicht um ein Vermögen der Bürgerschaft, sondern verschiedener Inhaber von Grund­stücken. Der Magistrat pflegte aus ihnen Verordnete zu ernennen, welche die aus dem Ertrage des Bürgervermögens gespeiste Aasse zu verwalten hatten.

Die Städte waren im ganzen fast frei von staatlichen Lasten. Überhaupt mischte sich um 1.600 die Regierung hauptsächlich nur mit der Absicht in ihre inneren Angelegenheiten ein, um die andauernden Zwistigkeiten zwischen Rat und Bürgerschaft zu beenden. 5o wurden die Bürger von Brandenburg durch Johann Georg ernstlich verwarnt, weil sie ihren Rat so gar nicht respektieren und in Ehren halten;tragen auch ob solch eurer unvernunftigs trotziges Beginnen ein ernstes Mißfallen, und nachdem dis ein sehr ubermutigs und hochergerlichs Wergk, will uns, dem Landesfursten, nicht geburen, demselben die Lenge zuzusehen/") Der­selbe Kurfürst nahm gegen die Bürger prenzlaus in dem Streit mit dem Rate Partei?) Die Regierung glaubte im Interesse der (Ordnung die Bürgerschaften Niederhalten zu müssen. So konnten sich die Ratsmannen alles mögliche gegenüber derGemeinheit" herausnehmen. In Frankfurt unterließen sie es, Verordnete zu erkiesen und mit ihnen über Ausgaben und Einnahmen zu beraten. In Treuen- brietzen wurden die kurfürstlichen Verordnungen nicht mehr, wie es Joachim I. ge­wollt hatte, alljährlich verlesen; und als die Havslberger Bürger vom Rate einen Rechenschaftsbericht verlangten, wurde ihnen die hochfahrende Antwort:Das Haupt brauche dem Leibe nicht Rechenschaft zu geben, geschweige denn dem Schwänze?")

Die Zahl der Medi a tstädte war im Steigen begriffen. In der ur- sprünglich mit Berlinischem Recht begabten Stadt Müllrose setzten sich die v. Burgs­dorf fest, Sonnenburg erkaufte f427 der Iohanniterorden. In Bernstein, hart an der pommerschen Grenze, saßen seit der Reformation die v. Waldow fest im Sattel. Ebenso wie in den Immediatstädten der Rat, so wurde in den adligen Mediatstädten

') Geh. Staatsarchiv. Rep. 2t, N»; man erinnere sich der Worte des Kurfürsten Johann: wir wollen nicht gestatten, das die Gewercke über unnser Rete inn Stetten regirenn (o. Raumer, Loäex contimiatus II, 85, Urk. für die Neustadt-Brandenburg von tBO). h vgl. Priebatsch S. 202 .