Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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der 5tadtjunker von dem Landesherrn gestützt. Dazu kamen zahlreiche kurfürstliche Mediatstädte wie Zossen und Trebbin, in denen der Amtmann gebot.

Um 1 600 ist in den oligarchisch sich abschließenden Bürgermeister-, Pa­trizier- und Brauercliquen mehr Luxus als Bildung, mehr Hoffart und Übermut als Tüchtigkeit und Kraft. Das Interesse reicht über die Ratsstube, Stadtkirche und Kanzel nicht hinaus," so urteilt -Schmoller?)

Auch für die H a n d e l s g e s chi ch t e der Städte ist die oben skizzierte Periode ein wichtiger Wendepunkt. Bis zu Beginn des s6. Jahrhunderts stellte jede größere Stadt ein handelspoIitifchesf)S^stemMk'1lch?8ar)und"chrachfefm ihrer nächsten Um­gebung die Zölle fas t ausnahmslos an sich, so daß die Zöllner selbst an Brücken, die viele "Meilen weit entfernt waren, städtische, vom Rat abhängige Beamte wurden. Zudem suchte jede Stadt für ihre Bürger, die natürlich vom einheimischen Marktzoll befreit waren, auch an entfernteren Plätzen Befreiung vom Marktzoll und von Ber­kehrsgebühren zu erreichen. So war d ie städtische Wirtschaftspolitik in ihrer egoistischen B eschränktheit aus die Ausbildung eines städtischen Sonderr echtes gerichtet, mahm sucht die vermalte R ücksiebt auf das p latte Land oder Bor- und Nachbarstädte und st""ö i^ sch'-pfs-ni <6e.aLusa.ir. zu. -dei- ^rritoria l en Zoll politik der Fürsten.

Die Z eit P, 0 LL 500 s 650 ist eine Periode wirtschaftlicher Stagnation. Da­mals wurde Berlin, und das ist bezeichnend fast für die ganze Mark, handelspolitisch von den Städten in Kursachsen und an der Vder, deren Verkehr sich immer mehr entwickelte, weit überflügelt. Die Warenzüge von dem Südosten nach der Vst- bzw. Nordsee schlugen entweder den Weg oderabwärts oder die Landstraße, die quer durch Sachsen über Leipzig nach der Tlbmündung führten, ein: die Mark ward also ge­wissermaßen umgangen und, der .Handel der mittelmärkischen S tädte h iervon, aufs e mpfindlichsie"be !roffen. Die fürstliche Handelspolitik war zu schwächlich, und dis vielen Marktprivilegien halfen nichts dagegen. Tin Beispiel für viele ist, daß Joachim I. den Tottbusern s50s verhieß, kein Krüger im Umkreis einer Meile dürfte Bier brauen. Die Iahrmarktsprivilegien waren ein Zeichen vom Schwinden der wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt (v. Nießen). Tine Folge war Unzufriedenheit in den unteren Schichten der Bürgerschaft; aufrührerische Bewegungen flammten in den Jahren vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges allerorts auf?) Die unzähligen Gravamina, die in diesen Tagen von den Bürgerschaften bei jedem Re­gierungswechsel in der kurfürstlichen Residenz eingingen, sind, so übertrieben sie im einzelnen sein mochten, doch ein deutlicher Beweis dafür, daß die Stimmung pessi­mistisch war. Man traute den Stadtbehörden nicht mehr; in einem Streitliede sang man auf einen Bürgermeister von Stendal:

Lassen wir ihn so weiter schalten, wird er uns wie seine Bauern halten."

Aucb in den kirchlichen Bisitationsabschieden klagt man wegen dergeschwin­den Leuffte, und der Armut, die allenthalben zu nimbt". Und doch, noch

') Schmoller, Umrisse, S. 527; für das folgende vgl. ebendort S. 15 ff.

2) Über die gedrückte Lage im allgemeinen vgl. Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, VIII, 2 , zqf.; im einzelnen bietet viel Material Rep. 2 ; des Geh. Staatsarchivs.