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Kreise ziehenden Bebauung zum Gpfer fielen, gingen andere Städte wie Töpenick in der Zeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg an das Werk, durch Ablösung der den Eigentümern der alten Bürgergrundstücke zustehenden Gerechtsame — Berechtigung, Raff- und Leseholz oder sogar Bauholz zu entnehmen — die Waldungen wirtschaftlich unabhängig zu machen. Daher bilden seitdem in den Etats mancher Städte, z. B. auch Fürstenwalde und Frankfurt, die ständig steigenden Einnahmen aus den Forsten einen bedeutenden Posten, und in Müncheberg konnte man sogar jahrelang besonderer Kommunalsteuern wegen der Ergiebigkeit der Kämmereieinnahmen entraten. Auch darin heben sich die Kleinstädte von Berlin ab, daß in ihnen die Polizei und damit zusammenhängend auch die Feuerwehr der Selbstverwaltung Vorbehalten blieb. Doch im ganzen war der Fortschritt langsam, und daß die rapide Entwicklung Berlins sich vielfach auf Kosten der kleineren Kommunen, von denen keine einzige auch nur annähernd s00 000 Einwohner zu erreichen vermochte, vollzog, ist unleugbar: ein Blick auf die Eisenbahnkarte lehrt zur Genüge, wie empfindlich manche Städte, die zufällig nicht an den großen, von Berlin ausstrahlenden Schienenwegen gelegen waren (perleberg, Müncheberg, Drosten), unter dem Fehlen von brandenburgischen Ringbahnen lange Zeit zu leiden hatten. Doch die aus dieser Entwicklung für die kleineren Städte der Provinz erwachsenden Nachteile fanden dadurch einen gewissen Ausgleich, daß manche Erfahrungen, die Berlin in der Verwaltung gemacht hatte, dann auch den übrigen märkischen Städten zugute kamen. Beispielsweise stehen in Töpenick die gesamten Straßenbahnen unter städtischer Regie, und in Fürstenwalde wird die Gaslieferung ausschließlich von Stadt wegen besorgt.
Zm Jahre 1877 erreichte die Einwohnerzahl Berlins die erste Million; drei Jahre darauf schied die Stadt aus der Provinz aus?) Mehr und mehr schwindet hier alles, was an längst vergangene Tage anklingt. Symbolisch hierfür sind die neuen Rat - und Stadthäuser, die an die Stelle der alten pruStoi-ia, des Berliner und des Töllnischen Rathauses, getreten sind. Zn vielen kleineren märkischen Städten haben sich dagegen die schönen mittelalterlichen Rathäuser erhalten, so in Frankfurt, Brandenburg, Fürstenwalde, Züterbog und besonders in Königsberg. Und hier knüpfen sich auch noch mehr Bande zwischen Vergangenheit und Gegenwart, als in Berlin. Während Berlin schon seit Jahrzehnten keinerlei Gerechtsame in den 1425 erworbenen Templer-Dörfern Rixdorf und Tempelhof besitzt und der für Rieselzwecke erworbene Grundbesitz von über >5 000 bu Ausdehnung in keinerlei historischem Zusammenhang zur Stadt steht, nehmen in dem Frankfurter Etat ebenso wie im Mittel- alter auch noch heute die Kämmereidörfer, besonders Kunersdorf, einen breiten Raum ein. Während ferner bei Berlin die Grenzen zwischen Stadt und Land verschwimmen und die Hauptstadt jeder Geschlossenheit in städtebaulicher Hinsicht entbehrt, schließen Königsberg und manche andere märkische Kleinstadt heute ebenso wie vor vielen Jahrhunderten Mauern und Türme vom platten Lande ab.
Doch es wäre irrig, wollte man annehmen, daß zwischen der „Provinz" Berlin und den übrigen märkischen Städten alle Bande gelöst seien. Daß die Reichshauptstadt
vgl. Rönne-Zorn, a. a. G., II, MO Oer Gberpräsident von Brandenburg ist zugleich Gberpräsident von Berlin, vgl. Bornhak, Grundriß des Verwaltungsrechts.