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kreis der provinzialständischen Verbände ausmachten, verblieben also in Brandenburg den kommunalständischen Verbänden der Kur- und Neumark sowie des Markgrafentums Niederlausitz Vorbehalten, und zwar auf Grund der Verordnungen vom (7. August 1825 und 18. November 1826?) Landarmen- und Korrigendenwesen, Fürsorge für Geisteskranke und Blinde, das Feuersozietätswesen, Landesmeliorationen (hierbei sei an den Neumärkischen Meliorationsfonds erinnert) wurden von dem Nur- und Neumärkischen Verbände in der alten Art weiter verwaltet. Besonders charakteristisch hierfür waren die Verhältnisse in der Niederlausitz, wo bisher auf dem Land- tageim Ständehause zu Lübben die drei Kurien der Herren-, Ritterschafts- und Städtetafel zu den heiligen drei Königen und zu Johannis getagt hatten. Da ausdrücklich verheißen war, daß dem Markgrafentum seine altständische Verfassung erhalten bleiben sollte — freilich insofern modifiziert, als dem Bauernstände eine wenn aucki sehr geringfügige Vertretung an der Ritterschaftstafel zugebilligt wurde —, konnten die Stände ihre vielen im s8. Jahrhundert begründeten Institutionen weiterverwalten, und so blieben die Landfeuersozietät und das Hebeammeninstitut zu Lübben, die Sorauer Irren- und Krankenanstalt, ferner verschiedene Institute wie Lehrerseminar, Waisenanstalt und Zuchthaus zu Neuzelle und Luckau und besonders die 1824 gestiftete Sparkasse spezifisch nieder- lausitzische Einrichtungen?) So war der Wirkungskreis der nach Steins Auffassung zu junkerlich, mehr für den Edelmann als den Bürger zugeschnittenen provinzialstände in Brandenburg außerordentlich eng begrenzt, um so mehr, als sie nicht die Befugnis erhalten hatten, Provinzialabgaben zu erheben. Der Landtag war im wesentlichen nur eine beratendeKörperschaftfür öffentliche, die Provinz betreffende Angelegenheiten, und hierbei blieb es trotz mannigfacher Versuche, die man in den fünfziger und sechziger Jahren zur Neuordnung der Provinzialverfassung machte.
Die Kreisordnung v. sZ. Dezbr. (872 und dieprovinzialordnungv o m 29- Juni 1875 schufen hierin völligen Wandel. Ebenso wie in den übrigen östlichen Provinzen trat auch in Brandenburg am 1. Januar 1876 an die Stelle der alten provinzialständischen Verbände ein lebenskräftiger Provinzialverband, der einen mit den Rechten einer Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten bildete.
Der Provinziallandtag wurde auf völlig neuer Grundlage organisiert. Die mittelalterliche, durch die Ordnung von 1823 sanktionierte Scheidung nach drei Ständen kam in Fortfall. Der Landtag bestand fortan aus Abgeordneten der Stadt- und Landkreise der Provinz, und zwar werden für jeden Kreis zwei, bei einer Einwohnerzahl von über 50 000 drei oder noch mehr Abgeordnete gewählt. Die Wahl der Abgeordneten der Landkreise erfolgte durch die Kreistage, derjenigen der Stadtkreise durch Magistrat und Stadtverordnetenversammlung, und zwar auf die Dauer von sechs Jahren.
') vgl. Gerhardt, Verfassung und Verwaltung des llommunalverbandes von Brandenburg (Berlin ZSYS), S. 7.
9 vgl. Große, Verfassung und öffentliches Recht der Niederlausitz (55. Band des Neuen Lausitzer Magazins, 187g, S. 55); Jocksch-Poppe in den Niederlausitzer Mitteilungen, IX, 220f.; die Eigentümer der Herrschaften Neuzelle, vobrilugk, Friedland und Schenkendorf, Forst-Pforten, Sorau, Sxremberg, Leuthen, Sonnewalde, Orehna, Straupitz, Lieberose, Lübbenau und Amxtitz hatten laut Vrdnung von tssy das Recht der Landstandschaft in der herrenkurie.