Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
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streifen links der Elbe oder der unregelmäßigen fränkischen Gewanne rechts davon bis ins l9- Jahrhundert bewahrt und zeugt für die Zähigkeit, mit der man jahrhunderte­lang an der überkommenen Gemeinwirtschaft festhielt?) DieGemeinheiten erster Masse", die Gesamtnutzungen bildeten für Weide-, Wiesen- und Forstwirtschaft der Gemeinden natürlich fortdauernd die Regel. Unter Friedrich den: Großen gelangte bald nach dem großen Kriege, eingestandenermaßen infolge englischer Anregungen, die Theorie wie die Praxis zu entscheidenden Schritten in der Frage der Separation: s766 erschien Wöllners dem Könige gewidmetes Buch über die Aufhebung der Gemeinheiten in der Mark Brandenburg, 2s. Oktober s769 nach einigen unbedeutenden Vormaßregeln die erste umfassende Verordnung des Königs zur Regelung des Verfahrens; eingesessene Landwirte wurden in den einzel­nen Kreisen als Kommissarien mit der Aufsicht darüber betraut. Tin Reskript vom 1 . 9 . Akai s770 legte besonderes Gewicht auf die Abschaffung der Hutungsgerechtig­keiten. Das zeigt schon, wie in der ganzen Bewegung auf dieGemeinheiten erster Klasse" das Hauptaugenmerk fiel. Daraus wiederum erklärt sich dann die Einseitig­keit ihres Erfolges: Die 585 bis zum Jahre s775 ausgeführten Separationen be­trafen wesentlich nur die größeren, selbständigen Wirtschaften der adligen und Frei­güter. Die Bauerngenreinden, die immer als Hauptobjekte dieser Gesetzgebung ge­nannt wurden, waren für die Anforderungen der Individualwirtschaft mit ihren durch Abhängigkeit verminderten Arbeitskräften bei weitern noch nicht reif, am aller­wenigsten zu einem Verzicht auf den bisherigen bequemen Anhalt des einzelnen am Vermögen der Gesamtheit geneigt. Die wirtschaftspolitische Einwirkung von oben schlug unter ihnen hier und da sogar in ihr Gegenteil um, wenn sie nach dem Aus­scheiden der gutsherrlichen Ackerstücke zur Neuvermessung ihrer drei Felder und so zur Neubefestigung vonGemeinheiten zweiter Klasse" schritten. Nicht größer scheint das Bedürfnis der märkischen Ackerstädte nach der Neuerung gewesen zu sein. Die erstere größere Separation, die Aufteilung der Gemeinweide von Nauen s76674, führte erbitterte Streitigkeiten zwischen den Bürgern mit Gespann und den gespann­losen herbei. Schon sechs Jahre nach Vollendung der Separation sah sich die Stadt­verwaltung zur Wiederherstellung der Gemeinheit wenigstens in einem der drei Schläge genötigt?)

Die Tendenz der sozialen Entwicklung im Agrarwesen Preußens, die Zer­bröckelung des Bauernstandes durch wirtschaftliche und politische Fesselung, wie sie sich seit dem s7. Jahrhundert zahlenmäßig belegen läßt, wurde vom Friderizianischen Staat trotz allem nur unwesentlich abgelenkt und erreichte sogar nach der Aufgabe seiner Agrarpolitik im Anfänge des vergangenen Jahrhunderts ihre höchste In­tensität. Neben den immanenten Ursachen waren in der Nkark überdies die äußeren Folgen der allgemeinen, vom Merkantilismus selbst begünstigten Wirtschaf'saus-

9 Siehe die Flurkarten von Rengerslage, Kr. Gsterburg, rss-, Alt-Krüfsow, Kr. Vstxrignitz und Satzkorn, Kr. Dsthavelland, bei A. Meitzen VI W8, iw und Tafel I.

h vgl. blovum Qorpus Lonstilulionuin prussicv-LrLnäendurxensium IV 5S28sf. und 6787sf. mit A. Meitzen a. a. V. I, Berlin I8S8, 3IH, sowie Büschings Reise nach Kyritz S. HZ 7 ff.