222
im Territorialstaat den unvermittelten Aornhandel dauernd festhielten, eroberten sie auch in der Wollproduktion entscheidende ständische Vorrechte. Zunächst ein Privileg für diese Produktion selbst in der Horm des adligen Schäfereiregals. Den Bauern war nur erlaubt, die geringeren, sogenannten Land- oder Zaupelschafe zu halten, die meist als Auhschafe nicht einmal auf besonderer Weide gingen und deren Wolle fast bloß zur Strumpfwirkerei taugte. Weiter wurde für die Großschäferei aus den ländlichen Untertanen noch eine besonders tiefstehende, „unehrliche" Arbeiterklasse ausgesondert und in den Schäferordnungen der genannten drei Jahrhunderte von der Landesregierung an die Arbeitgeber gefesselt. Endlich erscheint - auch hier das ständische Absatzprivileg: die Ausnahme von allen Verboten des Wollexports ins Ausland, gegen die selbst der junge Absolutismus vergeblich anlief. Und als Friedrich Wilhelm I. die- Sperrung der Grenzen für ausgehende Wolle wirklich allgemein durchsetzte, behielt die märkische Schafzucht immer noch den Vorteil eines abgeschlossenen Aonsumtionsgebiets ohne erheblichen Wettbewerb auswärtiger Wollfabrikate.
Dennoch war im s8. Jahrhundert der Niedergang der Zucht wenigstens zahlenmäßig unverkennbar. Daran war zunächst die Einschränkung der einheimischen Tuchindustrie schuld. Während sich s6ss bei einem Durchschnittsertrage von ein Pfund Wolle vom Schaf die gesamte märkische Wollverarbeitung auf 800 000 kleine Stein (zu je elf Pfund) belaufen hatte, war s?56 bei doppelter Ergiebigkeit des einzelnen Tieres der Industriebedarf . des Landes doch nur 6s6HstH Stein?)
Alan erinnert sich, daß die Russische Kompagnie in Berlin von Friedrich Wilhelm I. hauptsächlich dazu privilegiert worden war, um der Industrie die Bewältigung der inländischen Überproduktion an Wolle zu ermöglichen. Wohl wurde auch weiter unter dem Merkantilsystem die Tuchmacherei der Mark immer aufnahmefähiger. Aber der Zweck einer Förderung der märkischen Schafzucht wurde doch verfehlt. Ihre Wollerzeugung blieb nahezu unverändert, sie war in Aur- und Ncumark zusammen 1756: 22 256, s7st0: 22 856 Zentner. Mehr als das Doppelte des heimischen Angebots bezog die Tuchmanufaktur in dem letzten Jahre von außerhalb, nämlich 2s58 Zentner aus dem Auslande, Hs 562 aus den andern Provinzen des Staates, hauptsächlich Schlesien?) Allenthalben ginger» die kleineren märkischen Schäfereien ein, obwohl Friedrich II. darauf eine Strafe von sOOO Dukaten setzte, auch die Verordnung seines Vaters erneuerte, wonach auf jeder Hufe sO — s5 Schafe gehalten werden sollten. Der bisherige Schäferstand war zu sorgfältiger Zucht ganz unfähig: Schäferschulen gab es nicht. So riß das Schafsterben große Lücken in die Herden. Der Domherr v. Rochow auf Rekahn verlor für sOOO Taler Schafe durch Tod in s5 Jahren?) Die Aufzucht von Fleischschafen begann eben damals erst von vereinzeltem Lurusbedarf angeregt zu werden. So erzählt Bekmann von den Trossener und Aüllichauer Hammelbraten,
1) vgl. mit Behre das lvolledikt Johann Sigismund Mylius V 2 , 222 und die Denkschrift des Generaldirektoriums Miszellaneen zur Geschichte Friedrichs des Großen. Berlin »878, S. q»s.
2 ) Behre 258.
->) Büsching 27 .