Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
Seite
352
Einzelbild herunterladen

352

,-i > -

Wendung zu geben. Das Projekt eines allgemeinen Tonnenzolls suchte er den Ständen durch die Erwägung annehmbar zu machen, es seienallwegen unter hundert Kauf- leuten nicht zehen, die merkisch sind"/) der beste Beweis, wie wenig er die Besserung des augenblicklichen Zustandes im Auge hatte. Auch sein anderer

Plan, die verfallene Elbstraße ins Mecklenburgische wieder zu beleben, lief in der Hauptsache auf ein System von Zollstationen hinaus. Von demselben Gesichtspunkte baute Zoachim I. das märkische Straßen- und Geleitssvstem aus. Zn den Aegie- rungen Joachims II. und Johann Georgs hat man wohl die Anfänge einer merkan- tilistischen Territorialpolitik zu erkennen geglaubt?) Aber neben Preistaxen und den Verboten aufkäuferischer Spekulation, die auch im Znland galten und ein Hausmittel schon des Mittelalters waren, handelt es sich hier doch eigentlich nur um periodische Grenzsperren und Öffnungen, wie sie augenblicklich gefühlte Bedürfnisse namentlich auf den Landtagen forderten. Gerade Joachim II. beteiligte sich mit dem von ihm neuerrichteten Lenzener Zoll sehr nachdrücklich an der zollpolitischen Ausbeutung des Elbhandels, die zu jener Zeit besonders die märkisch Schiffahrt aus diesem Strom langsam zugrunde richtete?)

Die Territorialberrschaft konnte nicht wohl anders als durch eine so einseitige Finanzpolitik begründet und befestigt werden. Für die Städte wurde die egoistisch Haltung der Landesherren deshalb so verhängnisvoll, weil nun die Handelskon­kurrenz der nachbarlichen Wirtschaftsgebiete weit furchtbarer sich erhob, als ehedem die der eigenen Landsleute. Es ist die Epoche, da zuerst die großen deutschen Handels­plätze einander über die Entfernungen fort bedrohen. Die märkischen unterlagen da­bei schon von vornherein durch ihre verhältnismäßige Kleinheit und Abhängigkeit. Sachsen fing schon unter den ersten Wettinern an, der Mark über den Kopf zu wachsen. Die junge sächsische Textilindustrie entriß der märkischen sehr bald einen ihrer besten Absatzmärkte. Aber auch der säcbsische Handel drang von Leipzig aus auf eigene Hand über die berühmte Hohe Straße der Gberlausitz mächtig nach dem Gsten vor. Hier muß es dem märkischen unendlich gesclxrdet haben, daß seit dem Ende des s5. Jahrhunderts Brandenburg in den neuerwachten Konflikt deutscher und slawischer Staatenbildung so tief hineingezogen ward. Die Lausitz war jahr­zehntelang mit Böhmen unter der Herrschaft der polnisclM Zagellonen. Die Neu­mark, schon am Schluß des sH. Jahrhunderts kurze Zeit von der Mack getrennt, hatte im 15. auf lange hinaus einen Teil des schwer ringenden Deutschordenslandes bilden müssen. Unter solchen Verhältnissen der äußeren Politik gingen viele kost­bare Handelsvorteile in den slawischen Produktionspiätzen den Märkern verloren. Was nicht den mitteldeutschen Kaufleuten anheimsiel, dafür fanden sich jetzt mehr und mehr in Polen selbst Exportunternehmer.

') Aus seiner Denkschrift von 1472, ecl. G. w. v. Raumer, Märkische Forschungen I, 18H1, S. Z50.

h I Falke, Geschichte des deutsch. Handels II, Leipzig isso, S. 240 s.

') Nach N. Leutingers Topographie, Opera ecl. G. Rüster, Frankfurt 172g, II, 1125, betrug die jährliche Durchschnittseinnahme dieses Zolls 27 000 Gulden, d. h. mehr als den vierten Teil der Staatseinnahmen Joachims I.