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Ebenfalls von slawischer Seite, wenn auch in Gemeinschaft mit anderen Nachbarn, geschahen die entscheidenden Schläge gegen die Handelsbedeutung von Frankfurt. Sie beruhte auf einer eigentümlichen Beherrschung des Oderverkohrs, der aber nicht mit der Vderschiffahrt zusammenfiel, auf der Talfahrt nach Stettin und durch den dortigen Baum in die Ostsee, aber in entgegengesetzter Richtung auf dem Landwege über Trossen nach Breslau. Beide Stellungen wurden im Verlaufe des 15. Jahrhunderts angegriffen. Von Polen aus regte sich die Wartheschiffahrt, um unter Vermeidung Frankfurts selbständig Stettin zu gewinnen, von Schlesien eine Talfahrt auf der Oder oberhalb» Frankfurts, wie sie schon von den luxemburgischen Markgrafen einzxirichten versucht, aber an dem Widerstande der Stapelstadt gescheitert war. In diesen Streit mischten sicb aber noch von Norden und Süden weitere territoriale Interessen. Im Gange der endlosen Lehnskriege zwischen Brandenburg und Pommern gelang es Stettin wiederholt, dem märkischen Anrecht auf freie Passage ein ausschließendes eigenes auf den Seeverkehr entgegenzusetzen. Der lausitzisch-schle- sischen Vderschiffahrt nahm sich das Haus Österreich sogleich nach Erwerbung dieser Länder mit Nachdruck an. Hier wurde Frankfurt bald völlig zurückgedrängt: Die Verträge von 1528, 1555 und 1 628 hielten die Oder südlich der Stadt offen. Mit besserem Glück behauptete es sich gegen Polen und Pommern. Schon It-gO ging es den sehr natürlichen Bund mit Breslau zur Aufrechthaltung der Oderlandstraße ein. Im 16. Jahrhundert hat sich besonders Markgraf Hans von Tüstrin unermüdlich und nicht immer im Einverständnis mit seinem kurfürstlichen Bruder in der Mark für den Handel seiner Neumark eingesetzt. Er verlegte die Wartheschisfahrt durch den Umschlag bei seiner Residenz — sie wurde von Brandenburg erst im Vertrage von Trebiskow 1618 freigegeben, kam aber auch dann infolge des Abschlusses der Mark gegen polnisches Getreide zu keiner rechten Entwicklung — und hielt mehrmals im Konflikt mit Pommern die Leiden einer Sperre gegen das Nachbarland siegreich aus?)
Mehr noch als Stettin auf dem östlichen wuchs auf dem westlichen Hauptstrom der Mark Hamburg, die Führerin im Rumpf der Hanse, zwischen 1550 und 1650 zu einer kommerziellen Kraft, die die des Hinterlandes langsam lähmte. Das erste Opfer wurde der jetzt durch kein großes städtisches Gemeinwesen mehr vertretene Handel der Altmark, nachdem 1558 Hamburg durch Handelsvertrag mit dem größten Binnenhafen Magdeburg eine Art Teilung in die Elbschiffahrt zustande gebracht hatte. Die handelspolitische Ohnmacht des Territorialfürstentums trat bei dieser Gelegenheit besonders klar an den Tag: Joachim II. wurde durch seine Verpflichtungen gegen das hamburgische Kapital die Autorität entzogen, die dazu gehört hätte,
H G. Schmoller, Die Mark Brandenburg, ihre Grenzen, Ströme und Nachbarn bis 17H0 (Studien über die wirtschaftliche Politik Friedrichs des Großen und Preußens überhaupt 1680-1786 III) in seinem Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche VIII, 188-1, S- —382, und Derselbe, Die Handelssperre zwischen Brandenburg und Pommern im Jahre 1562 in seinen Umrissen und Untersuchungen zur verfaffungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte besonders des preußischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig Z8-s, S» 61—ivz.
Brandenburaische Landeskunde. Bd. II. 2Z