Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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des meist nach ihm genanntenNeuen Grabens" erfüllte endlich im bewußten Inter­esse der Mark die große Möglichkeit des märkischen Stromsvstems, neben die nord­deutschen Mittellandstraßen, wie namentlich die Leipziger, eine neue zu Wasser zu stellen, die es dadurch an Bequemlichkeit mit ihnen allen ausnehmen konnte. Längs dieser Linie konnte sich der märkische Handel, wieder emporrichten: Man würde, so hieß es wohl, in Berlin gewinnen, was man in Frankfurt verloren habe. Auch hier aber hatte es zunächst bei dem großen Mittel sein Bewenden: Mochten die Märker selbst die kleineren finden, sich seiner zu bedienen. Man verließ sich aus ihren Unter­nehmungsgeist wenig genug, um sich vielmehr anfangs ganz auf den fremden, be­sonders schlesischen Durchfuhrhandel einzurichten. Tharakteristischerweise war der erste namhafte Transport auf dem neuen Kanal eine Sendung Garne, Röte und Wachs des Breslauer Handelshauses Schmettau nach Hamburg?) Die Begünstigung der Schlesier in den Trossener Zöllen von 1678 und >695 hatte etwas so auffallend Leichtsinniges, daß später König Friedrich Wilhelm I. erst einmal das andere Extrem versuchte und sie >72H ganz empfindlich erhöhte, bevor er >728 den Mittelweg gleicher Behandlung von Fremden und Einheimischen betrat. In Wahrheit entsprach natür­lich jene Zollpolitik des >7. Jahrhunderts der sehr gut berechneten Notwendigkeit, den jungen Verkehrsweg überhaupt erst von außen zu beleben, und so beruht gerade auf ihr seine in der Folgezeit so glückliche Entwicklung?)

Die Beschäftigung mit dein Elbhandel ergab sich dem Großen Kurfürsten nicht erst aus dieser Kanalpolitik. Durch die ersten beiden Jahrzehnte seiner Regie­rung ziehen sich mannigfache Pläne für die technische Erleichterung der Elbschiffahrt: Die Regulierung des Flusses, die Verbesserung des Schiffbaus, der Treidelfahrt. Es ist echt merkantilistisch, wie solche Dinge außerhalb der amtlichen Verwaltung er­wogen wurden: In der Person des mecklenburgischen Zollbeamten Helmar Gercken erscheint die typische Gestalt des fremden Anregers und Unternehmers. Mehr fruchtete den Resten des märkischen Elbbandeis die politische Freundschaft mit Braun- schweig-Lüneburg, das m dieser Zeit seinen Elbhafen Harburg mit neuen Stapel­rechten durchaus nicht erfolglos gegen Hamburg emporzubringen suchte. Von dem Vertrage, den Brandenburg gleich >66> mit dem Nachbarn schloß, versprach man sich eine ansehnliche Beeinträchtigung des hamburgischen Monopols. Sehr merkbar aber ist der Antrieb, den das brandenburgische Interesse am Elbhandel durch die Besitzergreifung Magdeburgs erfuhr. Aus den wiederholten Elbschiffährtskonferenzen des ausgehenden Jahrhunderts ist hinfort Brandenburg unter den Uferstaaten einer der eifrigsten Teilnehmer. Es ließe sich allerdings nicht behaupten, daß sich der Kur­staat dabei über den Streit der eigennützigen territorialen Gesichtspunkte jemals kräftig zu einem allgemeinen kommerziellen erhoben hätte. Die Konferenz von >672 setzte neben dem Druck der Zollrollen und Quittungen auch eine neue Grdnung der Neben­gebühren fest; die sog. Kommandantengelder der Stationshauptleute sollten in Zukunft wegfallen. Die Konferenz von >685 mußte von der völligen Erfolglosigkeit dieser

9 tv. Tietze, Die Vderschiffahrt, Leipzig Igor. S. 61.

9 U. Toeche-Mittler, Oer Friedrich-lvilhelms-Aanal in G. Schmollers Staats- und Sozialwiffenschaftlichen Forschungen, XI 2 (18gi), S. 4252.

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