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Ihre definitive Besitznahme 1720 entschied eine ganz neue Epoche des Vderhandels. Sehr bald, im Rezeß von s723, glückte der Staatsregierung, die kommerziellen Ansprüche Stettins und Frankfurts untereinander mit denen Berlins zu vertragen. In solcher Vereinigung konnte sich dieses östliche Handelssystem sogar gegen das westliche magdeburgische behaupten: Grundsätzlich wurden 1.751 die Oderzölle den Elbzöllen ausgeglichen. Es ist kein Zufall, daß in der damaligen Verwaltung des Oderlandes die Anfänge jener merkantilistischen Bureaukratie lagen, bei der Friedrich der Große in die Schule ging und auf die er später seinen Staat baute. Seines Lehrers Hille größtes Verdienst ist die Verwaltung Frankfurts, die handelspolitisch direkt, aber auch indirekt durch öffentliche Anlagen, Stadtschuldentilgung und Universitätsreform immer nur auf das eine Ziel losging, „sowohl das Meß- als das Vder-Tommercium florissanter zu machen"?)
Es war das Geringste, daß diese ersten praktischen Versuche eines allseitigen Merkantilismus in der Mark glänzende Ergebnisse für die Finanzen des Staates lieferten, wie denn in den ersten zwanzig Jahren der Regierung Friedrich Wilhelms l. die jährliche Frankfurter Meßakzise sich auf 7—8000 Taler verdoppelte. Die Kraft einer jeden Politik bewährt sich i» ihren Aussichten für eine kommende Zeit: So gingen von dieser die denkbar folgenreichsten Anregungen auf das gesamte Wirtschaftsleben aus, ihrem Charakter gemäß nicht in plxmtastischen Projekten, sondern in kühlen Rechnungen. Die bekannte Denkschrift von 1725 für die Stettiner Kaufmannschaft über den kurmärkischen Hände?) unterwirft den ganzen märkischen Handel einer neuen Ansicht. Die bisherige staatliche Handelspolitik war darauf gegangen, ihn als bloße Bewegung wirtschaftlicher Kräfte zu beleben, oft unter Verzicht auf gegenwärtige fiskalische Vorteile, aber jedenfalls ohne deutlichen Begriff von dem endlichen Erfolge dieser Bewegung für das Land, das gesamte Wirtschaftsgebiet. Hier wird zum ersten Male an folgerechter Begründung dem Handel eine bestimmte Aufgabe in der Arbeit der Gesellschaft gestellt: Er soll ihre Erzeugnisse durch Verteilung nutzbar machen und von der Verteilung fremder Erzeugnisse den größten Gewinn für sie einheimseil. Diese Ordnung kann nicht von Fremden verwirklicht, auch nicht durch einzelne Maßregeln der Regierung hergestellt, sie muß von den Wirtschaftspersonen selbst als Ideal ergriffen und ins Werk gesetzt werden. Ihre Ausführung aber bedeutet für die Mark nichts anderes als die Zurückführung jenes alten Zustandes, da sie als Vermittlerin zwischen dem slawischen Osten und den deutschen Ländern mächtig war: Sie selbst, d. h. ihre Bewohner, müssen wieder in denBesitz der großen Warenzüge zu Wasser und zu Lande gelangen. Die Danziger zahlen für die neumärkischen Tuche wenig und berechnen für die polnischen Rohstoffe um so mehr. Schlesier und Hamburger genießen die billigen Wasserfrachten des märkischen Stromsystems. Dagegen wäre es die Sache eines — wir würden heute sagen —. nationalen märkischen Handels, selber „um ein Spottgeld"
') Seine Denkschrift von <733 bei Schmoller, Die Erwerbung Pommerns und der Handel auf der Mder und in Stettin, Studien IV a. a. V. 4 < 8 .
eä. Schmoller in der Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde XX, <883, S. r< —77.