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Las polnische Getreide einzukaufen und samt den Fabrikaten der märkischen Industrie über Stettin in die baltischen Länder abzusetzen, auch Schlesien dürste nur mehr durch ihn von Hamburg die Kolonialwaren, von Stettin Leinsamen, Eisen, Fisch- und Fettrvaren erhalten. Welcher weite Kreis erscheint damit der privaten Unternehmung, aber doch auch wiederum der öffentlichen Anregung und Leitung vor- geschriebsn.
Der gleichzeitige Zustand des europäischen Großhandels schien in der Vrga- nisationsform der Kompanie, wie sie zuerst von Holland im s7. Jahrhundert ausgebildet worden war, ein allgemeingültiges Vorbild für die kaufmännische Aktion — besonders nach dem Auslande — zu enthalten. Auf „Errichtung einer großen Handelskompanie" lief denn auch die Denkschrift von s725 hinaus, handelsrechtlich war solch eine Vergesellschaftung loser als die eigentliche Teilhaberschaft oder der Handel für gemeine Rechnung, ohne doch anderseits schon die demokratische Verfassung der modernen Aktiengesellschaft zu besitzen. Eben auf dieser Mittelstufe aber waren die Anforderungen des damaligen Großgeschäfts am besten zu erfüllen: Die Leitung der Unternehmung konnte in den Händen weniger führender Kaufleute von Lach bleiben, die Beteiligung daran doch allem freien Kapital, auch dem kleinsten, dauernd offenstehen. Bereits der Große Kurfürst hat bekanntlich zur kommerziellen Unterstützung seiner guineischen Kolonialpolitik die Afrikanische Handelsgesellschaft gegründet. Man muß sich indessen klarmachen, was diese Gründung und die ähnlichen des s8. Jahrhunderts für den einheimischen brandenburgischen Handel zu bedeuten vermochten. Der Sitz der Gesellschaft war außerhalb brandenburgischen Territoriums in Emden, die Hauptunternehmer waren Ausländer. Wohl zeichneten der Kurfürst und seine hohen Beamten namhafte Beiträge zum Betriebskapital, und die brandenburgische Flotte war die große Stütze des Unternehmens. So ist auch in der Mark Brandenburg dadurch wenigstens das Schiffbaugewerbe zu Berlin und besonders zu havelberg vorübergehend in Schwung gebracht worden. Aber obwohl das s680 gebildete brandenburgische Kommerzienkollegium ebenfalls in der märkischen Hauptstadt saß, scheint es nicht, daß der märkische Handel als solcher an den überseeischen Geschäften einen nennenswerten Teil gehabt hat?) Vor dem politischen und dem staatsfinanziellen Gesichtspunkt tritt für die brandenburgische Regierung der volkswirtschaftliche ganz zurück. Die gleichsam privatrechtliche Stellung der öffentlichen Gewalt in gesellschaftlichen Handelsunternehmungen, wobei die Verleihung von Privilegien gewissermaßen eine Einlage in das Geschäft darstellt, offenbart sich noch unbedenklicher in der Regierung eines behutsameren Politikers wie des Königs Friedrich Wilhelm I. Er zögerte nicht, wiederholt fremden Kauffahrern „Paß und Pavillon" zu verleihen, und bestand auf seiner Befugnis dazu gegen alle Einsprüche auswärtiger Mächte; ist doch f73s nach der Auflösung der Österreichischen Kompanie von Ostende eins ihrer früheren Schiffe unter seiner Flagge gesegelt. Derselbe Herrscher aber schrak regelmäßig vor größeren inländischen Handeisunternehmungen zurück. Das Projekt des Berliner Kaufmanns T. S. Neumann
9 R. Schuck, Brandenburg-Preußens Rolonialpolitik, Leipzig I 8 sy, I, iss, i28.