Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
Seite
360
Einzelbild herunterladen

360

von t 72 H zur Errichtung dreier großer Handelsgesellschaften für den Westen, Norden und Osten schien ihm ebensowenig durchführbar als die, mit denen ihn seit j733 Hamburger Kaufleute hartnäckig bedrängten: den Elbhandel durch Anlegung eines großen Hafens bei Lenzen zu fördern. Der wirtschaftlichen Billigung des General-, direktoriums setzten sich allemal die Besorgnisse der Kabinettsminister für die äußere Politik entgegen?) Auch bei den überseeischen Handelsgesellschaften Fried­richs II- ist -er Staat durchweg der, meistens von Ausländern, Geschobene, dessen Rolle hauptsächlich jn der Privilegierung mit den sog. Oktrois und in der, handels­rechtlich allerdings grundlegend wichtigen, Regelung und Beaufsichtigung des Ge- schäftsgebahrens besteht. Standort dieser Gesellschaften war wiederum das seit l74H preußische Ostfriesland: die Asiatische von i7ö0 wie die Bengalische von l753 residierte in Emden, und die Vstindische von Z78s war gar ein rein privater Ver­band von Emdener oder doch wenigstens westdeutschen Kaufleuten. An den beiden ersten Kompanien hat gleichwohl der märkische Handel, in der Hauptsache durch das Haus von Splittgerber, einen hervorragenden Anteil genommen. Nkit berechtigtem Stolz erzählt Bekmann von dieser märkischen Großfirma: Sie lasse eigene Schiffs­linien nach Spanien und Portugal laufen, ihre Wechsel würden in Petersburg, Konstantinopel und Lissabon, ja in Batavia und Havanna diskontiert. Aber diese ungeheure Tätigkeit hatte ihre Wurzel außerhalb des reinen Handelsgeschäfts' Splittgerber war zugleich der erste Großindustrielle der Mark, dessen Fabriken H000 Arbeiter beschäftigten?)

Bei dem überseeischen Importhandel Europas konnte ein binnenländisches Wirtschaftsgebiet wie die Mark Brandenburg seinen Vorteil nicht finden. Ab­gesehen davon, daß politisch der Preußische Staat neben den großen Handelsstaaten eben erst aufzukommen anfing: Abfahrt und Heimkunft der Expeditionen geschah draußen an der Seeküste, d. h. weder bei ihrer Ausrüstung noch bei der Versteige­rung ihrer Rückfrachten waren die Binnenländer die nächsten zum Verdienste.- Anders, wenn es ihnen gelang, sie von vorneherein ihren eigenen Interessen dienst­bar zu machen, ihnen ihre einheimischen Erzeugnisse zur Ausfuhr mitzugeben. Für die Möglichkeit einer solchen Aktivität aber hing der Handel der Mark, deren Ur­produktionen über den Eigenbedarf kaum mehr hinausgingen, ganz von einer anderen Entwicklung in ihrem Wirtschaftsleben ab: von ihrer Industrialisierung. Man versteht, wie dieser Gedanke ein Angelpunkt in der inneren Politik der beiden großen preußischen Königs wurde. Es war eine zusammenhängende Aufgabe, auf deren Lösung der Preis der politischen Größe stand: Dem Handel seinen wahren Gegenstand erst zu schaffen, einheimische Kräfte auch an einheimischem Material zu beschäftigen. Die wiederholten Anerbietungen der fremden Projektmacher, sich zum Absatz einer bestimmten Menge von märkischen Fabrikaten, besonders Tuchen, zu verpflichten, ließ Friedrich Wilhelm I. noch unbeachtet. Aber er selbst gründete in Berlin s72H die Russische Kompanie für die Ausfuhr von Militärtuchen über Stettin

st v. Ring, Asiatische Handelskompanien Friedrichs des Großen, Berlin ,8yo, S. 529.

st I. L. Bekmann, historische Beschreibung der Rur- und Mark Brandenburg, Berlin 175,, I, ,,qz. , /