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Die Kontrolle der Einfuhr war das vornehmste S^ück der merkantilistischen Handelspolitik, aber diese war damit nicht erschöpft. Noch dem Großen Kurfürsten hatte es nach dem Vorbild der holländischen Volkswirtschaft für heilsam gegolten, den Transitgroßhandel durch seine Territorien mit allen Mitteln aufzumuntern. Schon König Friedrich Wilhelm I. gelangte zu der Einsicht, daß dabei das absolutistische Staatswesen doch nicht stets auf seine Rechnung komme. Die Besorgung fremder Transporte selbst durch einheimische Firmen konnte bloß einen einzelnen Stand bereichern, der eignen Arbeit des Inlandes aber in vielen Fällen empfindlichen Wettbewerb verursachen. Vor seinen Augen erprobte Sachsen, seit der Vereinigung Magdeburgs mit Brandenburg in zunehmendem kommerziellen Gegensatz gegen dieses, ein sehr wirksames und einträgliches System von Durchgangszöllen: nichts lag näher, als mit einer Nachahmung zugleich Vergeltung zu üben und eine handelspolitisäre Inkonsequenz zu beseitigen. Durch Friedrich den Großen kam auch in diese Politik der Transitzölle ein umfassenderer Geist. Ihre mittelbaren Wirkungen wurden versucht. Wie die,' Wiederherstellung des Magdeburger Stapels !74? die sächsische Elvschiffahrt bei diesem Hafen auffangen sollte, war beim märkischen Transitzoll von s768 die Meinung, die schlesischen Transporte, einen hervorragenden Bestandteil des sächsischen Transits, von der Leipzig—Großenhainer auf die Berlin—Trossener Straße abzuziehen?) Alsdann ward nunmehr der antisächsische Gesichtspunkt allgemeineren untergeordnet. An eine grundsätzlicheErschwerung derDurch- fuhr namentlich von Fabrikaten knüpfte man die Erwartung, der Schmuggel mit verbotenen Importen werde erst hier wirklich getroffen werden, die Einfuhrpolitik dadurch eine notwendige Ergänzung erhalten; aber auch die berechtigtere, daß dem Export der einheimischen Industrien so ein größerer Spielraum entstehe. Ein Einverständnis mit den östlichen Absatzgebieten der westlichen Industrien war dafür sehr wünschenswert. Das zeigt der Handelsvertrag, den der König s775 mit Polen schloß. Darin versprach die Republik, nichtpreußische Manufakturwaren mit dem sechsfachen Betrage — 12 °/„ — des für preußische erhobenen Zolles zu belegen und auch preußische Importeure nur für den Fall davon auszunehmen, daß sie in bestimmtem Verhältnis preußische Waren mit einsührten. Es ist leicht zu ermessen, was für eine Überlegenheit diese Vertragsbestimmungen im Verein mit. den inländischen Durchfuhrzöllen der märkischen Produktion auf dem polnischen Markte geben mußte.
Denkwürdiger als alle anderen Äußerungen des preußischen Merkantilismus ist seine Getreidehandelspolitik. Die Versorgung der Bevölkerung mit dem wichtigsten Nahrungsmittel hatte in der Periode des rein städtischen Handels auch von den städtischen Märkten in erster Linie abgehangcn. Alles, was die Landtage des Territorialstaats im Ich. Jahrhundert forderten,, waren „Kaufsetzungen" der Stadtbehörden für die Hauptlebensmittel. Die Akziseverfassung des s7. Jahrhunderts schien zunächst diesen Vorrang der Städte noch verstärken zu wollen. Suchte man in ihnen den Handel mit der Steuer zu erfassen, dann mußte man selbst gegen die alten
h Schmoller, Die preußische Wirtschaftspolitik im Herzogtum Magdeburg 1680- 1786 , Studien X, Jahrbuch X, 1886, s. 707 — 717 .
