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unter dem Großen Kurfürsten erregte die Bewunderung ausländischer Reisender. In der Holge wuchs der Personenverkehr der Post doch über den Kopf, und es erschien angezeigt, das Lohnfuhrwesen durch staatliche Aussicht in eine Art Verbindung mit ihr zu bringen. Unter dem ersten Könige wurde das Fuhrgewerbe nach der in der Schiffahrt herkömmlichen Weise an einen Reihebetrieb auf Grund von Stammrollen und die Einhaltung fester Meilentaxen gewöhnt, die örtliche Wagen- meister kontrollierten?) Erst die Postordnung von I 712 erstreckte dann den obligatorischen Gebrauch der Anstalt selbst auch auf die Personenbeförderung. Um sie hierzu geschickt zu machen, wurde das Reihefuhrwesen abgeschafft und neben den gewöhnlichen Postkursen die Extrapost eingerichtet. Wie die Verhältnisse des Betriebes lagen, bedeutete das nun keineswegs, daß der Staat selbst als Fuhrunternehmer auftrat. Die Postmeister, von denen ja nur die wenigsten bei fester Besoldung Beamte im modernen Verstände waren, erweiterten sozusagen ihr bisheriges Geschäft um einen neuen Zweig. Ihr Extrapostgeld für die Meile und das Pferd war mit 8 Gr., wovon 2 zur Postkasse gingen, nur um I höher als die bisherige Lohnfuhrtaxe, daneben standen ihnen freilich noch 2 Gr. Wagenmeistergebühr zu. Zu diesen Beiträgen des Publikums gewährte ihnen die Postverwaltung selbst eine jährliche Pauschalvergütung nach der Anzahl der gehaltenen Pferde. Seit s766 wurde diese Entschädigung nach der Anzahl der zurückgelegten Meilen, etwas genauer, veranschlagt, wobei die Getreidepreise der einzelnen Provinzen zur Grundlage dienten. Aber erst nach s850 hat die zuverlässigste Berechnung, nach Einzelleistungen, Eingang in die Posthaltereikontrakte gefunden. Der Preisunterschied zwischen Personen- und Extrapost konnte nicht anders als erheblich sein. Der Platz in jener kostete nur 3 Gr. die Meile, und wenn sich dieser Betrag noch um ein sogenanntes Postillonstrinkgeld von 6 Gr. an jeder Station erhöhte, so wurde bei der Extrapost seit s766 ein ebensolches von 3 Gr. für jede Meile erhoben. Zwischen die spärlichen gewöhnlichen und die Extrakurse einen Personendienst mit mittleren Fahrpreisen einzuschieben, mußte besonders der zunehmende Verkehr in der Umgegend der Residenzen nahelegen. Zwischen Berlin und Potsdam ließ seit s75H der Besitzer des Zehlendorfer Gasthofs, der berühmte Statistiker Propst Süßmilch, täglich zwei Journalieren hin und wieder verkehren, die die Person für s2, nach dem Regietarif für s6 Groschen, mitnahm. Das zulässige Freigepäck von 20 Pfund gegenüber den 30—80 der Personenpost deutet auf die Art von Reisenden, für die sie bestimmt war. Wollte man, wie Büsching s?75, denselben Weg mit Familie und großem Gepäck im besonderen vierspännigen Wagen machen, so hatte man an die Post oder an den Fuhrhalter gleicherweise über 7 Taler zu bezahlen. Die post-
*) vgl. z. B. das Fuhrreglement in denen Residentzien vom so. August »?oo. Mylius IV I, 87».
Abb. so. tvegsäule bei Belzig.