Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Verwaltung berechnete in Berlin für die Strecke bis zur Wohnung Abzuholender oder Abzusetzender den Extrabetrag für eine Weile alsposte rovule" zum Besten einer Unterstützungskasse der Posthalter. Aber dafür war jede Benutzung privaten Lohnfuhrwerks nur gegen teure Erlaubnisscheine von der Post gestattet; für ein Bauerngeschirr von RFritz nach Berlin im Preis von s I Talern kostete ein solcher Schein Zjch Taler?) An Pünktlichkeit und allgemeiner Bequemlichkeit scheint die preu­ßische Reisepost des 18. Jahrhunderts dem privaten Fuhrwesen eher nachgestanden zu haben, als daß sie es darin übertroffen hätte. Das entspräche übrigens nur den Er­fahrungen, die allenthalben mit den Leistungen eines halbprivaten Beamtentums gemacht worden sind. Schon Aönig Friedrich 1. hatte für die Fahrposten eine Ge­schwindigkeit von einer Meile in der Stunde (für Reitposten sogar V«) vorgeschrieben und auf jede versäumte Stunde einen (bzw. zwei) Taler Strafe gesetzt. Zur Auf­sicht über die Einhaltung dieser Regeln wurde den Postillionen anbefohlen, Stunden­zettel über den Verlauf ihrer Fahrten zu schreiben. Die Sammlung dieser Urkunden im Reichspostarchiv ist voll von der Aomik, die in solchen unmittelbarsten Lebensdokumenten der Abstand von bewußten und seither erreichten Idealen her- vorzubringen pflegt. Wie wenn ein Wagenführer anmerkt, daßdie Herren Passa­giere in Bernau sich wegen des guten Märzbiers eine halbe Stunde länger verweilt"?) Das Wagenmaterial war wenigstens bei den Personenposten außerordentlich dürftig und gegen Wind und Wetter mangelhaft geschützt. Noch die Postordnung des Generalinspektors Seegebarth von 1,780 muß die besondere Bewachung der Sitzlehnen gegen Diebstahl einschärfen.

An die vornehmste Bedingung des allgemeinen Landverkehrs, den Wegebau, Hand zu legen, erschien der absolutistischen Regierung schon wegen dieser Allgemein­heit seines Nutzens kaum als Staatsaufgabe. Die Straßenedikte des 17. Jahr­hunderts begnügen sich damit, die Einhaltung gewisser Grundsätze für den Zustand der Verkehrslinien den Untertanen insgesamt einzuschärsen. Man brauchte die An­forderungen dabei um so weniger zu mäßigen, als man im Grunde selbst mit der Unterstützung der Amterverwaltungen auf einen wirksamen Zwang zu ihrer Be­friedigung nicht rechnen konnte. Gder sollte es wirklich im Bereiche der damaligen Möglichkeiten gelegen haben, daß beispielsweise, wie ein Edikt von 16H7°H verlangte, aus freiwilliger Anstrengung an den märkischen Hauptstraßen alle 23 Meilen Wirtshäuser mit guter Ausstattung an Betten, Rüche und Aeller und mit Stallung für 1,218 Pferde entstanden, wenn der Staat ihnen nur Abgabenfreiheit zusicherte? Eine grundsätzliche Änderung in dem Verhalten der Regierung vermochte erst einzutreten, als Ende des 18. Jahrhunderts die Ver­breitung der neuen Thaussierungstechnik das Vorangehen der öffentlichen Gewalt geradezu herausforderte. Noch Friedrich Wilhelm II. baute die vier Meilen jener vielbenutzten Straße zwischen den beiden Residenzstädten als Thaussee aus, und bis

1) Stephan ZN, Büsching, Reise nach Rekahn 2, Reise nach Uyritz 208.

2) Stephan 12-t.

Mylius V 2, 255 ff.