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nehmer teilen sich in die Fabrikleitung, Pennewitz führt die Bücher und nimmt die Arbeiter an, Mehlhorn bringt den Absatz mit echt kaufmännischem Geiste in Schwung, erweitert die Erzeugung, anfangs nur braunes und schwarzes, goldverziertes Porzellan, um eine „weiße" Abteilung und vertreibt sie mit großen Bütteln, festen preiskuranten und Niederlagen, nach Berlin, Braunschweig, Zerbst, Breslau, Magdeburg, Hamburg, Kassel, Danzig und Königsberg. Der Grundherr Görne denkt inzwischen nur an die Realisierung des industriellen Rentenprofits durch Verkauf. Ein Angebot an den Industriegegner Sachsen scheitert infolge des Widerstandes von Böttger. Endlich übernimmt Mehlhorn » 720 das Geschäft allein. Spätere Nachrichten über diese verheißungsvolle Unternehmung fehlen. Aber auch die ferneren Schicksale märkischer Porzellanindustrie sind noch sehr lehrreich für den Erforscher industrieller Anfänge. So junge Gewerbe hatten selbstverständlich auch bei interterritorialem Absatz nur eine ganz beschränkte Lebensmöglichkeit, der der geringste Wettbewerbsversuch schon zu nahe treten mußte. Wie bei den gleichzeitigen gewagteren Handelsentreprisen, war daher auch hier das große Ziel, sich unter den künstlichen Schutz staatlicher Privilegien zu begeben. Aber auch diese Wirtschaftspolitik verschlug nicht immer. So, als im Jahre s75s kurz nacheinander dem Wollfabrikanten Wilhelm Easpar Wegely für Berlin und den Glasschneidern Gebrüder Schackert für einen ländlichen Standort, Basdorf bei Zühlen, königliche Verkaufsprivilegien erteilt wurden. Die letzte Fabrik, die sich mehr im besondern auf die Verfertigung von Glasporzellan legte, scheint sehr minderwertige Ware geliefert zu haben (die Glasur wurde durch eine Schleifgrundierung ersetzt), sie fallierte schon s757 in den Händen des zweiten Besitzers, des Tabaksfabrikanten Mundt. Wegelys Anstalt dagegen war auf dem sicheren Wege zu großer Blüte, hatte sich in Magdeburger Lagern bereits eine von Sachsen unabhängige Rohstoffquelle zugänglich gemacht, als sie ebenfalls s757 durch einen anscheinend zusammenhanglosen Akt der Staatsgewalt, die Neubegründung der Meißener Manufaktur durch ihren königlichen Eroberer, zugrunde gerichtet wurde. Die Früchte des wiederhergestellten alten Zustandes der Gegnerschaft gegen Meißen erntete dann bekanntlich die Gotzkowskysche, die spätere Königliche Manufaktur, die bald über die Schwankungen des Wachstums hinweg zu der größten Rolle in der keramischen Fabrikation und überhaupt in der Industrie Deutschlands emporstieg: hier wurden Ende des Jahrhunderts die Etagenöfen zuerst erprobt, und die Dampfmaschine, die sie 1793 anschaffte, war die erste in der ganzen Fabrikation Berlins?) Das Leben der übrigen keramischen Techniken in der Mark ist älter, aber naturgemäß von geringerem Interesse für ihre allgemeine Gewerbegeschichte, wie ihr Anteil an der großen merkantilistischen Erfindung des Porzellans. Die erste einheimische Glaserzeugung scheint in einer eigentümlichen Verbindung mit der chemischen Wissenschaft sowohl als technischer Leiterin wie als Abnehmerin gestanden zu haben. In dieser Weise wenigstens wurde sie von
9 w. Stieda, Zur Geschichte der Porzellanfabrikation in der Mark Brandenburg in Forschungen zur Brandenburgischen und preußischen Geschichte XVII (190-1), S. sy—g5; L. wintzer, Die wegelysche Porzellanfabrik in Berlin in Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins XXXV (ISIS); G. Kolbe, Geschichte der Berliner porzellanmanufaktur, Berlin 18SS, S. 181, ISS.