Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Thurneißer auf seinen Hütten zu Cölln, Ioachimsthal und Grimnitz betrieben, führte sie ein Jahrhundert hernach zur Herstellung des berühmten Rubinglases im Labo­ratorium der Pfaueninsel. Schon der Große Rurfürst hielt es der Mühe für wert, märkische Gläser von gewisser, meist medizinaler Bestimmung durch ein Edikt von f658 gegen fremde Konkurrenz zu privilegierten?) In neuerer Zeit haben beson­ders die zahlreichen örtlichen Braunkohlenlager in allen märkischen Landschaften ein­zelne Glashütten entstehen lassen, wiewohl dann gerade erst der Übergang zum Brand mit der fremden Steinkohle im Beginn des letzten Jahrhunderts eine durchschnittlich minderwertige grüne Ware durch gute weiße verdrängen half.

Die Fayenceindustrie ist als ganz künstliches, doch wohl vorwiegend von der persönlichen Nachfrage des Hofes genährtes Gewächs vom Großen Kurfürsten mit zwei Holländern, Pieter Fransz van der Lee und Eornelis Funck, nach der Mark verpflanzt worden. An Holland und die Delfter Vorbilder schloß sich auch in fride- rizianischer Zeit die Rheinsberger Fabrik des Kaufmanns Lüdicke an. Einen be­trächtlichen Umfang und Auf erreichte erst am Ende des Jahrhunderts die f797 von Kammann gegründete, unter dessen Nachfolger, dem Baron Eckardstein. Von diesem Betriebe gibt es Zeugnisse dafür, wie drückend doch bei den damaligen mangelhaften Verkehrsverhältnissen die Abhängigkeit des Hüttenwesens von den örtlichen Urpro­duktionen werden konnte: Die Feuerung mit Torf begegnete heftigen Beschwerden der kurmärkischen Kammer im Interesse der Landwirtschaft, und die mit Holz blieb von dem Ubelwollen der staatlichen Holzrevision dauernd gestört?)

_Alle diese Beispiele sind typisch für die Entwicklung der Industrie im Zeitalter

des Merkantilismus. Die merkantilistische Gewerbepolitik der europäischen Staaten fand in der Bereitschaft privater Kapitalien für die Unternehmung ihr hauptsächliches Bewegungsmittel. Aber in den meisten Fällen genügte ein geringes Entgegenkommen des Staates, eine, sei es nur ganz vermittelte, handelspolitische Begünstigung, um die industrielle Vermählung der wartenden Wirtschaftskräfte, des Kapitals mit den Roh­stoffen, zu verwirklichen. So bestand für die märkische Gewebeindustrie im allge­meinen die ganze Staatsfürsorge in der Ordnung der Rohstoffzufuhr durch Zoll­tarife und Staatsmagazine. Unmittelbare Beteiligung des Staats an der Erzeugung war gelegentlich. Die feine Tuchfabrik des Lagerhauses und die Königliche Gold- und Silbermanufaktur sind gleich nach dem Siebenjährigen Kriege Privatunterneh­mern überlassen worden, ebenso eine s775 gegründete Manchestermanufaktur schon nach siebenjährigem Bestehen. Nur ein Zweig des Textilgewerbes rief die fride- rizianische Staatsverwaltung zu einer unerreichten eigenen Anstrengung aus den industriellen Markt: Die Seidenindustrie, hier nämlich war der Gedanke der Regierung, der, wie unerheblich für die schließlich« Schöpfung im großen, doch den plan der ersten Anlage entscheidend bestimmte, der echt merkantilistische, beinahe aus dem Nichts, durch die künstliche Herstellung einer neuen Rohstoffquelle im Inlande, eine neue An­stalt selbständiger Güterversorgung zu erbauen. Kein Zweifel, daß auch hier an die

st H. Lramer, Geschichte des Bergbaus in Brandenburg VIII, Halle 1885 , S. 2 5

*) V. Stieda in den keramischen Monatsheften 190Z, S. 9095, 107no mit Ab­bildungen.