Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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wegs nur eine Charakteristik geben will, weniger bei den Trägern der Kunst verweilen müssen, als daß sie die leitenden Gedanken des wechselvollen Kampfes zu schildern hat. Sie wird ferner zunächst den Beginn der künstlerischen Tätigkeit ins Auge zu fassen haben, der in Brandenburg infolge der gewaltigen Tat der neuen Deutschkolonisation sich zeitlich einschränkt, der aber durch den Einfluß dieser Großtat alles vernichtete, was vorher vor­handen war; sie muß dann weiter die stammesartliche künstlerische Mitgift der Kolonisten, ihr Temperament und ihre Neigung darstellen, um an der Hand der geschichtlichen Er­eignisse die Wandlungen der künstlerischen Anschauung auf dem Lande, in den Städten, in den Klöstern und an den Höfen zu betrachten; denn auch das bürgerliche Element schiebt sich stellenweise mit besonderer Kraft in dieses künstlerische Werden ein. Eine Entwicklung der brandenburgischen Kunst zeigt daher von Anfang an ein eigenartiges Leben, das durchaus nicht ohne Interesse und ohne Besonderheit ist und eine landschaftliche Eigenart von großer Energie darstellt freilich auch mit stellenweisem Versinken und Versickern der künstlerischen Gedanken. Aber branden- burgisch und erdgeboren blieb diese Kunst innerhalb der angedeuteten Vorgänge, bis erst im sst. Jahrhundert die letzten Widerstände auf beiden Seiten erloschen und damit auch die letzten Regungen eines besonderen brandenburgischen Kunstgefühls untergingen in dem Ringen um eine neuzeitliche, nationalstarke Kunst überhaupt.

Die völkischen Grundlagen der märkischen Runft.

Als die deutsche Kolonisation im 12. Jahrhundert einsetzte, fand sie wohl kaum eine besondere starke Kultur vor. Doch waren die Reste eines älteren Kulturschaffens schwerlich ganz ausgerottet, wenn sie auch wenig Anwartschaft für eine Weiterentwicklung in sich trugen; denn, keinesfalls konnte die altgermanische, hauptsächlich von den Semnonen getragene Kultur vollständig verschüttet gewesen sein, da, wie mit Sicherheit anzunehmen ist, Reste dieses Volksstammes zurückgeblieben sind, von der die wendische Oberschicht viele Züge ihrer Kultur übernommen hatte. Aber auch sie hatte, als sie in der Zeit zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung von ihrem Ursitze zwischen Karpathen und Theiß aufgebrochen war, nach langer Wanderung und manchem wechselvollen Schicksal den geringen Bestand ihrer eigenen Volkskultur schon auf dem Wege nach der Mark mit ostgermanischen Einflüssen durchsetzt. So haben die ein­gewanderten Stämme wohl sicher erst in Brandenburg einen höheren Haustypus und eine feste, systematische Ortsanlage erworben, vielleicht auch ihre angestammte landwirt­schaftliche Beschränkung auf Viehzucht zu einer mehr systematischen Feldbebauung er­weitert und mit der Dörrwirtschaft in eine bestimmte Betriebsform geleitet. Freilich war gerade infolge dieser Durchsetzung das vorhandene Kulturgut in seiner Entwicklung aufgehalten und derart geschwächt, daß es der stärkeren Zufuhr der späteren christlich- deutschen Kultur fast restlos erlag. Weder die vorgeschichtlich vorhandenen Kleinkünste, die in den Grabbeigaben heute ans Licht treten, noch auch die gewaltigen Volksburgen und Fürstensitze, von denen in der sogenannten Römerschanze bei Potsdam zugleich ein Beispiel für das Sinken der Kultur durch die Slawen vorhanden ist, haben sichtbare