Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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mittelt uns eine besondere Vorliebe für das Wellenornament, das dem weichen Ton der slawischen Töpfe mit einem mehrzinkigen Geräte eingegraben wurde (siehe Band III S. 443). Wenn auch dieses Grnament bis zu einem bestimmten Grade zum Kennzeichen der slawischen Keramik über­haupt geworden ist, so hat es seine Lebensfähigkeit doch, auch in der geschichtlichen Zeit noch... bei anderen Stoffen, wie Holz oder bei Lehmwänden bewiesen.

Fraglich ist es, ob in Branden­burg sich eine besondere Silber­arbeit entwickelt hat, auf die der weit verbreitete slawische Schlä­fenring schließen lassen könnte, wenn hier nicht besser eine Gin­fuhr aus den östlichen Gebieten anzunehmen wäre. Das Ver­nichten arabischen Silber­

Abb. 1. Wendisches Blockhaus bei Senftenberg.

schmucks, das bereits erwähnt ist (5. 4s), läßt mindestens auf eine geringe Schätzung künstlerischer Silberarbeit schließen. Zweifelloser steht man der slawischen Überlieferung in der Kleidung gegenüber, die eine besondere Vorliebe für Rot und Grün, überhaupt

für auffallende Farbenzusammenstellung zeigt, was freilich auch anderen slawischen Stämmen eigen und in Branden­burg durch die städtische Industrie besonders gefördert wor­den ist.

Die Chronisten berichten auch manches von dem hölzernen Schmuck der wendischen Tempelbauten, von denen der Überlieferung nach auch bedeutende in Branden­burg (Brandenburg a. d. H., Havelberg, Prenzlau, Jüter­bog u. a.) gestanden haben. Nichts ist davon auf uns gekommen als ein paar Berichte, aus denen wir mehr eine rege Phantasie als ein geläutertes Kunstempfinden er­kennen können. Der spätere wendische Bau steht ganz im Banne der deutschen Handwerkskunst, mit Ausnahme viel­leicht der eigenartigen Giebelverbretterung, die vermutlich im Anschlüsse an eine ältere Dachkonstruktion sich erhalten hat. Dagegen verrät eine Vorliebe für weiche und runde Linien, die an den Möbelformen und den Giebelfiguren der wendischen Bauernhäuser erscheinen (Siehe Band III, S. 66, 73) einen engen Anschluß an die temperamentvolle oder sentimentale Grundstimmung des slawischen Volkscharakters. Es ist das dieselbe Neigung, die Schränke und Truhen bunt und blumenreich bemalen ließ, während die deutschen Bewohner mehr eine ruhigere und klarere Gesamtstimmung bevorzugten. Diese

Abb. 2. Altertümliche bäuer­liche Schmiedearbeit an der Kirche in Preußnitz bei Belzig.