Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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reine Freude an der Gestaltung, die nicht am Materiale spart, sondern zu einer fast übermütigen Formfülle treibt, ist wenig geeignet für die strenge konstruktive Richtung der deutschen Handwerker; sie malt Blumen auf Blumen auf den Schrank, stickt sie ver­schwenderisch auf den Stoff oder sucht durch überreiches Leistenwerk Schrank oder Türen zu verzieren. Selbst das Blockhaus, wohl der ständigste Begleiter des Slawentums, findet in dem konstruktiv selten berechtigten, aus deutscher, Handwerkskunst entstandenen Ständerwerke ein Motiv, das dieser Neigung zum Überflüsse entsprach und sich selbst die Innenräume eroberte (Abb. 3- , -

Das deutsche Volkstum war von Hause aus weniger einheitlich als das wendische; aber die stammesartlichen Besonderheiten waren zum Eeil schon durch das Christentum verwischt, zum Teil wurden sie es durch die Natur, durch die Lebens- und Wahlweise

der neuen Heimat. Wir haben kein Zeugnis über das Bauernhaus des 13. Jahrhunderts und über die Kleidung der Einwanderer; wir dürfen höchstens annehmen, daß gewisse Eigenarten der alten Heimat auch nach Brandenburg wunderten. Was an Handwerkstechnik mitgebracht wurde, stand jedoch sicher noch unter dem Einflüsse des Haus­fleißes, der sowohl bei dem Hausbau

Abb. z. Holzkirche in Alt-Klemzig bei Züllichau. Abb. 4. Bäuerliche Schmiedearbeit in Petzel.

wie in allen anderen Zweigen des wirtschaftlichen Lebens sein altes Vorrecht behauptete. Andererseits müssen aber in dieser Frühzeit auch manche Einflüsse aus dem städtischen Handwerk in das Bauernhaus gelangt sein; denn ohne solche kann man die treffliche Tischler- und Schmiedearbeit des späteren Dorfes kaum erklären (Abb. 2). Vielfach wird man Berufs- und Hauskunst kaum von einander trennen können. Es scheint selbst, als ob die für das Land liefernden städtischen Ge­werbe auf die besondere Aunstneigung des Bauern Rücksicht genommen haben, wie es Zinngeräte, keramische Erzeugnisse und Webereien nahelegen. Der kleine Dorf­handwerker, der wohl kaum eine andere Ausbildung als im Hause eines Dorfgenossen gehabt hatte, dem durch den Zwang der Innungsvorschriften selbst das Wandern ver­boten war, hatte keine andere künstlerische Anregung als die, die ihm die allernächste . Umgebung bot. So mußte sich eine alte Formüberlieferung immer wieder aufs neue verjüngen, ohne dadurch wirklich lebensfähiger zu werden. Sie verfiel mit der Zeit einer gänzlichen Erstarrung, wenn auch der Zweck diesen Ausgang bisweilen milderte.

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