Schema und Gedankenlosigkeit haben vielfach das Leben auch da unterbunden, wo durch einen besonderen Zeiteinfluß (wie im Barock) die Verlockung zu einer Kunstverjüngung nahelag.
In der bäuerlichen Baukunst wurden besonders die Überlieferungen des Holzbaues gewahrt; denn der Ziegelbau, der gerade in Brandenburg seine hohe künstlerische Vollendung erlebte, fand beim Wohnhaus keine Anwendung. Nkit dem Fachwerk, dessen Füllungen durch Lehmstakenwerk hergestellt wurden,1) haben sicher schon früh handwerkliche Ginflüsse Platz gegriffen. Wir sehen das nicht nur aus der entwickelten Konstruk- tion, sondern auch aus den ausgebildeten Gesimsen und Kehlbalken, die nur mit strenger handwerklicher Schulung entstanden sein können. Die hauptwirfung liegt in der schönen Zimmermannsarbeit, die auch auf die wendischen Gebiete übergegriffen hat. Am reichsten fand diese Kunst in der Dorfkirche Anwendung, die zugleich zeigt, wie sich die in städtischer Arbeit hergestellten Kleinkunstwerke der Dorfstimmung einfügtsn (Abb. 3).
Im s2. Jahrhundert waren das Bandgeflecht und seine Verbindung mit tierischen Fabelwesen (Äbb. 4) nicht überwunden, die für die Kunst der germanischen Stämme der
Abb. 5. Eberswalde.
Nach Aafnahme von Hofphotograph F. Albert Schwartz. Berlin . 87.
Urzeit charakteristisch waren. Auch das dritte Element dieser Kunst, die geometrische Verzierung, war nicht abgestoßen, sondern infolge der Anlehnung an den Holzstil zu weitester Verbreitung gelangt. Gerade in der Bauernkunst setzten sich diese Elemente fest, um bei dem Aufkommen der Gotik einem breiten, schweren Naturalismus Platz zu machen, ohne jedoch jene alten Fabelwesen gänzlich aufzugeben. In vielen alten Dorfkirchen läßt sich diese fabulierende Kunst Nachweisen, die freilich oft bei der Groteske endet und dadurch nahe an die Grenze rückt, an der die Geschmacklosigkeit beginnt. Namentlich scheitert die menschliche Figur oft an dem Unvermögen der Darstellung. Andererseits verdanken wir diesem Zuge auch jene fröhlichen und naiven Schilderungen, die die Fuchspredigt in Brandenburg und die reizvollen Kapitäle an der Pfarrkirche zu Eberswalde zeigen (Abb. 5—7). Sie stehen schon ganz im Banne der Gotik, während die steife Grandezza des Romanischen an den Krypta-Kapitalen des Domes in Brandenburg die festen Züge eines Berufssteinmetzen verraten.
Zumeist bleibt diese Kunst von den großen Wandlungen der europäischen Kunst unberührt; sie nimmt wohl einzelne Anregungen, wie Hahn, Schaf, Löwe u. a. Sinnbilder
1) Line solche hauswand sah ich noch in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bei dem Abbruch eines Hauses in der Mittelstraße zu Berlin.
