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gerichteten Gelegenheitsmarkierung ersetzt wurden, läßt sich im Süden der Mark noch der Ginfluß der organisierten mittelalterlichen Bauhütten erkennen.
Der kirchlichen Lehrmeisterin verdanken also die bürgerlichen Gewerke die ersten strengen Grundsätze, die auch später nicht vergessen worden sind, sondern in den Zünften eine besondere Art von pflege gefunden haben. Sie traten schon in dem frühesten Bau zutage, der in der Mark errichtet wurde und selbst in der späteren Ergänzung noch zu erkennen ist. Es ist dies die Marienkirche in Brandenburg a. d. H.
Vor der Mitte des 12. Jahrhunderts hatte der Fürst pribislaw, der anscheinend aus innerer Aberzeugung Christ geworden war, auf dem altgeweihten Harlungerberge bei Brandenburg eine, der Mutter des Heilands gewidmete und 1136 geweihte Wallfahrtskirche erbaut, die als ein weithin sichtbares Zeugnis die Glorie der siegenden Christkirche und der monumentale Ausdruck der abendländischen Baukunst sein sollte. Dieses älteste Merk war ein Zentralbau von ganz ungewöhnlicher Gestaltung insofern, als der übliche Typus die basilikale Dreischisfsanlage bevorzugte. Daß hier in dem nordischen Aampflande die zentrale Überlieferung der karolingischen Zeit wieder ausgenommen wurde und zugleich mit dem Grundriß ganz unverkennbar die Areuzesform verband, deutet auf eine hervorragende Bauabsicht des Fürsten, verrät auch zugleich eine nicht gewöhnliche Aenntnis der zeitgenössischen Bauüberlieferung. Jedenfalls ist der ungewöhnliche Bau nicht völlig frei entstanden, sondern auf Wegen zu uns gelangt, die wir heute nur unvollkommen ahnen können.
Es war eine Zeit, in der der endgültige Sieg der Airche über das Heidentum Antrieb wurde für die Erbauung neuer, nie erlebter Airchengebäude. Die Mystik der früheren Jahrhunderte, die besonders in Süddeutschland das große Geheimnis der Gottheit in allerlei Rätselwerk, buntem und reichem Zierat über den Baukern ausgoß, hatte einer konstruktiv gemessenen, kraftvollen, aber auch kühnen Architektonik Platz gemacht, die aus dem festen Gewölbebau der Areuzkirche herausstrebte und die gewaltigsten Räume zu überspannen suchte. So entstanden in demselben Jahrhundert in Köln a. Rh. die St. Apostelkirche und Groß St. Martin als Zentralanlagen. Namentlich der erstgenannte Bau zeigt, daß der Gedanke, zentral nach allen vier Himmelsrichtungen auszubauen und dadurch den inneren Raumgedanken in mächtigen Chören ausklingen zu lassen, ein großes Verständnis fand. Cin mächtiger Vierungsturm und Ccktürme in den vier Zwickeln sind zwar nur teilweise zur Ausführung gelangt, aber sie lassen doch die Richtung auf die Ausbildung des Zentralbaues erkennen, die auch in der Brandenburger Airche, wenn auch nicht in gleicher Folgerichtigkeit zur Ausführung gekommen ist.
Von dem älteren Bau des pribislaw ist wohl kaum Wesentliches bei der Erneuerung benutzt worden, die um 1220 begonnen und 1222 durch einen päpstlichen Ablaß gefördert wurde. Der Neubau machte aus der ehemaligen Grabkapelle eine großartige einheitliche Anlage, die wohl zu den hervorragendsten Baudenkmälern in Nord- deutschland zu rechnen ist. Ihr Abbruch, der unter Friedrich Wilhelm I. erfolgte, ist um so mehr zu bedauern, als die erhaltenen Nach- und Abbildungen die Größe und Eigenart dieser Bauschöpfung durchaus bestätigen. In großen Formen baute sicb einst die Marienkirche auf dem Harlungerberge auf, ihn künstlerisch krönend und beherrschend, ein Bexg auf dem Berge, ein Symbol sieghafter Herrschaft des Christentums