31
Wohnung nahmen, sondern auch eine größere Anzahl von kirchlichen und weltlichen Gefolgsleuten versammelten. Die einen standen völlig im Banne der kirchlichen Kunst, die anderen aber gingen über die notwendigsten Wohn-, Wirtschafts- und Befestigungs- aufgaben um so weniger hinaus, je fester ihre Beziehungen zu dem markgräflichen Hofe waren. Jedenfalls haben die an sich ansehnlichen Nutheburgen: Trebbin, Beuthen, Neuenburg, Saarmund und die an anderer Stelle entstandenen markgräflichen und ritte» schaftlichen Burgen auf die Kunst keinen Einfluß ausgeübt. Der noch erhaltene Bergfried des vom Erzbischof Wichmann von Magdeburg erbauten Schlosses Belzig, nachmals Eisenhardt genannt, und sein vielleicht gleichaltriger Genosse auf der benachbarten Bergkuppe des Raben, zeigen nur eine vollendete Handwerkstechnik. Mächtige Schlösser schirmten einst in den waldreichen Gebieten der Uckermark die Grenze gegen jDommern; sie sind bis auf spärliche Reste in Vierraden, Oderberg und am Werbellinsee verschwunden, lassen aber immerhin auf ausgedehnte Anlagen schließen. Besonders an dem letztgenannten See, an dem sich nicht weniger als drei Askanierburgen: Werbellin, Breden und Grimnitz erhoben, haben die askanischen Fürsten sich Ruhesitze geschaffen, die wohl über das Bedürfnis hinausragten und den Beginn einer höfischen Kultur in der Mark bedeuten.
Von der Fürstenburg am Grimnitzsee sind noch erhebliche Teile erhalten, die uns ein Urteil über die Anlage erlauben. Sicher vereinte sie hervorragende Wehrhaftigkeit mit einer geräumigen Hofhaltung, die wahrscheinlich in der nördlich gelegenen Vorburg untergebracht war, während das Fürstenlager innerhalb der südlichen Viereckumwallung stand, deren Bauschutt die unteren Räume über 6 m hoch überlagert hat. Hier in diesem Schlosse, das zuerst erwähnt wurde, dichtete Otto IV. mit dem j)feile seine anmutvollen Lieder; hier fanden unter den Augen seiner Gattin Hedwig die fröhlichen Turniere statt, von denen uns die Zeitgenossen berichten. In diesen schönen Tagen kamen die angesehensten Ritter und Sänger nach Grimnitz zum fröhlichen Gelage, zum Turnier oder zur Jagd. Die äußeren Formen der Fürstenburg kennen wir einigermaßen, das innere Leben können wir zur Not uns vorstellen; die künstlerische Gestaltung wird kaum wieder vor unserem Auge erstehen, es sei denn, daß im Schutte noch manches wertvolle Zeugnis verborgen liegt, das eines Tages wieder an das Licht kommt. Aber trotzdem I Von Einfluß auf die höfischen Sitze des Kleinadels kann auch Grimnitz nicht gewesen sein. Die Aufgaben dieser Herren lagen auf einem anderen Gebiete als dem der Kunst. Und wenn selbst der eine oder der andere es dem Markgrafen nachzumachen versuchte, so sind diese Werke untergegangen in den schweren Zeiten, die nach dem Aussterben der Askanier über die Mark hereinbrachen.
Die reifste Blüte dieser mittelalterlichen märkischen Kunst konnte nach alledem nur in der Kirche gedeihen, die in den Klöstern und Städten Kathedralen von schönster Raumwirkung schuf, die aber in ihrer höchsten Entwicklung selbst wieder völlig in höfische Kunst umschlug. So schließt sich der Dom in Havelberg, der nach wiederholten Zerstörungen Ende des 12. Jahrhunderts neu erstand, in seinen hohen, luftigen Raumverhältnissen eng an die städtische Kathedralenkunst an (Abb. 30 ). Das ganze System der mittelalterlichen Kirche, die, im Besitze immer größerer Landgebiete, einen politischen Staat innerhalb des weltlichen Staatsverbandes bildete, trieb zur Kultivierung eines höfischen Prunkstiles be-