Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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sonders an den Bischofssitzen und den Benediktinerklöstern. Diese Kultur paßte sich völlig der weltlichen ein, deren Streben freilich mehr auf die Dichtkunst und Musik als auf die Baukunst und ihre Schwesterkünste gerichtet war. Neben einem Sänger wie Otto IV. mit dem Pfeil, neben einem Grafen Burchard von Lindau und einem Herrn von Dahme, die als märkische Minnesänger gerühmt werden, finden wir keinen geistlichen Würden­träger als Dichter, wohl aber als fördernde Beschützer der kirchlichen Kunst, während die

weltliche sich in den Städten vorzubereiten schien und an dem Hofe der askanischen Fürsten nur m Grimnitz Nachweisen läßt.

An dem farbenreichen Leben, das in diesen Tagen der märkischen Entwicklung von den Askanierschlössern ausging, waren alle Stände, mit Ausnahme des Bauern, beteiligt. Auch die Frauen trugen dazu bei. Nicht nur an dem Fürstenhofe, an dem die schöne holsteinische Grafentochter Hedwig diese Bestrebungen leitete, sondern auch aus den Kemenaten der kleinen Burgen oder den Klöstern liefen Wege zur Er­höhung der künstlerischen Zeitkultur. So manche kostbare Decke oder metallene Kostbarkeit ist von der Hand der Frauen in die Kirchen gekommen, gestiftet zum Preise ihres Gottes, wie in Bran­denburg, Hammelspring, Prenzlau, Zehdenick u. a. O. Nur in warmem Hauche eines voll­strömenden höfischen Kunstlebens können auch die schönen und technisch überaus vollendeten seidenen und brokatenen Gewebe aus dem sara­zenischen Süditalien in die Mark Brandenburg gelangt sein, die wir besonders zahlreich und prächtig in der alten Havelstadt selbst finden.

Bis zu dem Tode des letzten Askaniers hielt sich die Entwicklung dieser glänzenden künstlerischen Kultur, die einen Strom der reichen Ritterkultur Südfrankreichs und Süd­deutschlands in die Mark leitete; dann aber brach sie, da sie sich nicht, auf wirtschaftliche Kräfte stützen konnte, in Brandenburg mit dem Schwinden der markgräflichen Macht zusammen. Ihre Erben waren die Städter, die als Bauernsöhne bereits mit einem starken Kunstgefühl in die städtische Siedlung traten, die erfolgreich die geistliche Kunst hier gepflegt hatten, und die nun als die Geldaristokratie der Zeit dem künstlerischen Schaffen neue starke Wege bahnten. Die höfische Kunst aber sollte zwei Jahrhunderte später unter dem Schirm der hohenzollern neu erblühen.

Die städtische Runst

Wie wir gesehen haben, trägt die bäuerliche Kunst Züge, die unverkennbar auf den Hausfleiß Hinweisen; aber sie zeigt sie mehr im Sinne eines selbständigen weiter-

Abb. 30.- Dom in Havelberg.

Nach Aufnahme von Hofphotograph F. Alb.Schwartz Berlin UVV. 87. '