Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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trugen dazu bei die Wirren und Unruhen des 15. Jahrhunderts selbst, Indessen war auch diese Zeit nicht ohne reichlichen Ertrag; denn die Werke der brandenburgischen Baukunst wurden nicht in wenigen Jahren geschaffen. In immer wieder erneuerten Bestrebungen setzte nach einigen Stillstandsjahren oder -jahrzehnten die Arbeit wieder ein, wenn die Ereignisse eine Ruhe erzwungen hatten. Oft war in dieser Zeit manches anders geworden; neue Handwerker hatten die alten abgelöst, modernere Kunstanschau- ungen die der Vorfahren überschichtet; nichts aber bestätigt die gesunde Grundlage der Aunst so kräftig wie die Tatsache, daß trotz alledem die Werke in einer einheitlichen Richtung blieben, obwohl die äußeren Formen sich gewandelt hatten.

Der Kirchenbau. Das 13. Jahrhundert war schöpferisch, weil große Bau­aufgaben in den Städten der Erledigung harrten; es war reich an künstlerischen Lösungen, die für jede Aufgabe eine selbständige Entwicklung zu finden wußte. Nicht die erste, aber doch die schönste gotische Airche von Berlin, die Klosterkirche des Franziskanerordens, bestätigt dies, die schon in den Jahren zwischen 1270 und 1290 unter dem Schutze des Landesherren und des Rates von Berlin erbaut wurde. Die Franziskaner waren nicht unbekannt mit der Kunst des Bauens; der Ursprung ihrer Kunst lag außerhalb des Landes, und ihre künstlerischen Wege waren durch die kirchliche Überlieferung vorgezeichnet. Und doch macht sich in diesem Bau so schlicht und bedürfnislos er sich auch zeigt eine freiere Anschauung geltend, die zur bürgerlichen Aunst hinüberleitet und die Klosterkirche eng an die älteren granitnen Teile von St. Nikolaus anschließt. Die drei Schiffe mit dem hohen schlanken Thor, auf denen sich die leichten Gewölbe spannen, stehen einzig in der Mark da in bezug auf Raumwirkung. Die schlank aufstrebenden, an sich in breiter, kräftiger Gestaltung gebildeten, in der Gliederung des Raumes jedoch von einem ruhigen Gleichgewicht zeugenden Pfeiler, die das Mittelschiff hoch über die Seitenschiffe empor­heben, wachsen elastisch auf zu den nur schwach gespitzten, fast romanisch anmntenden Bögen. Die Kirche ist eines der schönsten Baudenkmäler unserer märkischen Städte, das um so stärker wirkt, als die harmonische Wirkung ohne große Mittel, fast ungesucht nach den Gesetzen der Konstruktion sich entwickelt hat, wenn auch der schöne Thor später er­standen sein dürfte.

Der Backsteinbau hatte in der Berliner Klosterkirche eines seiner frühesten und tüchtigsten Werke geschaffen, gleichsam ein Programm seiner Leistungsfähigkeit, aber er setzte seine Forderungen bald herab. In der prächtigen Katharinenkirche in Brandenburg sAbb. 32), dem im Äußeren klar durchgearbeiteten sogenannten Fürstenhause in Lehnin, bei dem wohl Brandenburger Werkleute stark beteiligt waren, ferner bei den stolzen Pfarr kirchen zu Prenzlau, Königsberg i. d. N. und Gransee (Abb. 33) entwickelt er sich ge­tragen von einer schon stark verweltlichten Architekturschule zu einer sehr breiten Schmuckausführung, die den konstruktiven Ernst der älteren Kunst zu überwuchern be­gann. Die Städte konnten sich diese prächtigen Werke leisten, die nur insofern nicht mehr auf der künstlerischen Höhe standen, als sie kein vollendeter Ausdruck mehr der inneren Raumgedanken waren, sondern vielfach bereits aus dem konstruktiven Rahmen heraus­strebten. Kaum ein Jahrhundert währte diese Zeit; denn bald drückten die schweren Zeiten den Sinn des Närkers zu einer schlichteren Auffassung zurück. Schon die Heilige-

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