38
lichen Zeit, die stellenweise, wie das Eichholtz in seinem Denkmalinventar darlegt (Bd. 3), bewußt in eine ältere Kunstüberlieferung zurücksank, mit der kirchlichen Baupflege in den Städten vergleicht, dann kommt es erst recht zum Bewußtsein, daß diese die gotische Form als Opposition gegen den strengen klerikalen Geist bevorzugte. Viele Stadt- und Pfarrkirchen sind teils unter Verwendung älterer Teile, teils gänzlich neu erstanden, — größer, reicher und oft in einer gänzlich unkirchlichen Form, wenigstens in einer, die kanonische Überlieferung oft durchbrechenden Art. So ist die dreischiffige Hallenkirche, bei der die Raumkunst völlig den Hemmschuh der romanischen Gewölbekonstruktion durchbrach, ein Ergebnis städtischer Baupflege. Ihr Verhängnis war, daß sie nicht Maß zu
Abb. 35. St. Marien in Berlin.
Nach Aufnahme von Hofpholograph F. Alb. Schwartz. Berlin 8VV. 87.
Abb. 26. Marienkirche in Angermünde.
Nach Aufnahme von Hofphorogroph F. Alb. Schwartz. Berlin 87.
ballen wußte und die Schlichtheit der älteren Zeit opferte zugunsten einer starken äußeren Wirkung. Das trat freilich erst im 15. Jahrhundert hervor, wo ihr durch die Landes- sürsten eine andere wirtschaftliche Bahn vorgezeichnet wurde.
Zn der Pfarrkirche zu Angermünde, deren älteste Teile in die Mitte des 15. Jahrhunderts zu rücken sind, stand man nach dem trefflichen Granitmauerwerk noch völlig in der kirchlichen Überlieferung, aber mit dem Wachsen der Stadt ging auch eine Änderung des Bauplans einher, die im 15. Jahrhundert — wie in gleicher Zeit die Berliner Nikolaikirche — zu eiripr machtvollen gotischen Hallenkirche entwickelt wurde (Abb. 36). Zn Beeskow wurde die Marienkirche vom 14. bis 15. Zahrhundert schon völlig als eine solche Hallenkirche geplant und durchgeführt, obwohl die Stadt niemals die selbständige
