Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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was wohl nicht allein eine Folge seiner freistehenden Lage, sondern eine aus der Giebel­stellung der Bürgerhäuser herzuleitende künstlerische Überlieferung ist (Abb. 40).

Nicht immer ist der Marktplatz von regelmäßiger Gestalt. In Perleberg, wo er auf dem westlichen Ende rundlich abschließt, ist offenbar nur das nordöstliche Ende eine Schöpfung der ersten deutschen Bürger, während eine vorhandene ältere Siedlung in ihm aufging. Eine andere, für die bauliche Erscheinung unserer Kolonialstädte wichtige Erscheinung war die verhältnismäßig breite Anlage der Straßen. Borrmann1) hebt

dies als eine Besonderheit des alten Berlin hervor. Das trifft im allgemeinen aber bei all unseren Städten in Brandenburg zu mit der Einschränkung, daß die Straßenbreite sich nach der Peripherie zu verengert, viel­leicht eine Folge der Befestigungsgrund­sätze, vielleicht aber auch eine Eigenmäch­tigkeit der Hausbesitzer, die, ohne Wider­stand zu finden, ihre Zäune weit in die Straße rückten. Jedenfalls haben die Städte infolge dieser weiträumigen Anlage, die sie vorteilhaft von den westdeutschen Altstädten unterscheidet, einen für die weitere künstlerische Entwicklung recht günstigen Vorzug. Es zeigte sich dies be­sonders, als später die hohenzollern künst­lerischen Grundsätzen im Städtebau die Bahn brachen.

Nur recht geringe Reste aus der ersten Zeit der Stadtanlagen sind in vereinzelten Bürgerhäusern, wenn auch vielfach ver­stümmelt und verbaut, erhalten. Doch ist es sicher, daß schon in den ersten Jahrzehn­ten der Stadtgründung sich steinerne Häuser in der Nähe des Marktplatzes erhoben und einen architektonischen Anschluß nach dort suchten. Der Name einer Berliner Familiede domo lapidea" deutet an, daß hier diese massive Bauart noch zu den Ausnahmen zählte wie in Brandenburg a. d. h., wo das Wohnhaus des Bürgers Ghiso ut dem Steenhuse von 1342 vielleicht in dem so­genannten Ordonnanzhause noch nachweisbar ist (Abb. 41). Das später gotisch umgebaute Haus enthält noch Reste aus dem 13. Jahrhundert. Alter als dieses ist ein von Eichholz2) in Neustadt Brandenburg entdecktes Patrizierhaus, das noch völlig in romanischen An­fängen steht und als das hervorragendste Werk bürgerlichen Wohnbaues in der

Abb. 40. Eingang zum Altstädter Rathaus in Brandenburg a. d. H.

Nach Aufnahme von Hofphotograph F. Alb. Schwartz. Berlin NW. 87.

1) Borrmann, Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Berlin.

2) Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg und Jahresberichte des historischen Vereins zu Brandenburg a. H. 1913