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was wohl nicht allein eine Folge seiner freistehenden Lage, sondern eine aus der Giebelstellung der Bürgerhäuser herzuleitende künstlerische Überlieferung ist (Abb. 40).
Nicht immer ist der Marktplatz von regelmäßiger Gestalt. In Perleberg, wo er auf dem westlichen Ende rundlich abschließt, ist offenbar nur das nordöstliche Ende eine Schöpfung der ersten deutschen Bürger, während eine vorhandene ältere Siedlung in ihm aufging. Eine andere, für die bauliche Erscheinung unserer Kolonialstädte wichtige Erscheinung war die verhältnismäßig breite Anlage der Straßen. Borrmann1) hebt
dies als eine Besonderheit des alten Berlin hervor. Das trifft im allgemeinen aber bei all unseren Städten in Brandenburg zu mit der Einschränkung, daß die Straßenbreite sich nach der Peripherie zu verengert, vielleicht eine Folge der Befestigungsgrundsätze, vielleicht aber auch eine Eigenmächtigkeit der Hausbesitzer, die, ohne Widerstand zu finden, ihre Zäune weit in die Straße rückten. Jedenfalls haben die Städte infolge dieser weiträumigen Anlage, die sie vorteilhaft von den westdeutschen Altstädten unterscheidet, einen für die weitere künstlerische Entwicklung recht günstigen Vorzug. Es zeigte sich dies besonders, als später die hohenzollern künstlerischen Grundsätzen im Städtebau die Bahn brachen.
Nur recht geringe Reste aus der ersten Zeit der Stadtanlagen sind in vereinzelten Bürgerhäusern, wenn auch vielfach verstümmelt und verbaut, erhalten. Doch ist es sicher, daß schon in den ersten Jahrzehnten der Stadtgründung sich steinerne Häuser in der Nähe des Marktplatzes erhoben und einen architektonischen Anschluß nach dort suchten. Der Name einer Berliner Familie „de domo lapidea" deutet an, daß hier diese massive Bauart noch zu den Ausnahmen zählte wie in Brandenburg a. d. h., wo das Wohnhaus des Bürgers Ghiso ut dem Steenhuse von 1342 vielleicht in dem sogenannten Ordonnanzhause noch nachweisbar ist (Abb. 41). Das später gotisch umgebaute Haus enthält noch Reste aus dem 13. Jahrhundert. Alter als dieses ist ein von Eichholz2) in Neustadt Brandenburg entdecktes Patrizierhaus, das noch völlig in romanischen Anfängen steht und als das hervorragendste Werk bürgerlichen Wohnbaues in der
Abb. 40. Eingang zum Altstädter Rathaus in Brandenburg a. d. H.
Nach Aufnahme von Hofphotograph F. Alb. Schwartz. Berlin NW. 87.
1) Borrmann, Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Berlin.
2) Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg und Jahresberichte des historischen Vereins zu Brandenburg a. H. 1913