Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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sind sicher Magdeburgischen Ursprungs, während der Schöpfer der halb launigen, halb ernsten Darstellungen an dem Kapital der Berliner Gerichtslaube schon nach der naturalistischen derben Arbeit, mehr noch aus inneren Gründen in Berlin ansässig ge­wesen sein kann (Abb. 47). A ls Schöpfer der oft recht schönen Grabplatten mit der Darstellung des verstorbenen, die allerdings einer jüngeren Zeit angehören, kommen auswärtige Künstler um so mehr in Betracht, als diese ganze Kunstrichtung mehr in der höfischen Entwicklung liegt, und weil hier ein, von den sächsischen Berggebieten aus­gehende Industrie nachweisbar ist. Nur die Tonplastik, die einen längeren Transport nicht verträgt, dürfte von einheimischen Künstlern oder von solchen, die sich hier seßhaft gemacht haben, herstammen. In ihnen kommt daher der niederdeutsche Humor ganz ungeschwächt zur Geltung; die Schmiegsamkeit des Tones gestattet selbst den nüchternen märkischen Plastikern eine ganz überraschende Lebendigkeit der Darstellung. Dazu kommt nock, daß mit dieser Tonplastik auch die Architektur in enger Verbindung blieb; man

kann sie daher wohl die erste Stufe einer profanen Kunst nennen. Am Portal und an den Pfeilern der Pfarrkirche in Ebers­walde (Abb. 57) steht diese Kunst noch in der Strenge der kirchlichen Auffassung, die hier in der Darstellung der klugen und der törichten Jungfrauen freilich gebun­den war, die indessen in den Tierfabeln am Dom zu Brandenburg eine naive Sicherheit und Technik und eine Vielge­staltigkeit der Erfindung und dabei auch schlichte Ursprünglichkeit zeigt, daß sie zu Abb. 46. Schranken am Chor des Havelberger d en wertvollsten Bildhauerwerken der Doms. Mark zu rechnen ist (Abb. 4 8).

Nach Aufnahme von Hofphotograph F. Alb. Schwartz.n freilich hat diese Technik, die scho

ihrer ganzen Natur nach an verhältnis­mäßig kleine Darstellungen gebunden ist man findet unter den vielen Grabplatten des 14. und 15. Jahrhunderts nur eine einzige bedeutende aus gebranntem Ton! auch zu einer industriellen Gehaltlosigkeit geführt, die bei den Figuren am Siechenhaus- portal in Neu-Ruppin noch zu ertragen ist, die aber bei den vielen ornamentalen Wieder­holungen recht trocken und starr werden kann wie an St. Katharinen zu Brandenburg, wo die Trockenheit des vielgliedrigen Lkulpturenwerkes nur gemildert wird durch den üppigen Architekturgedanken, der die Leblosigkeit im einzelnen wieder aufhebt durch den Reichtum der Details.

Dagegen aber haben wir in den Altären noch einen Zweig der Plastik, der sowohl in die vorhohenzollerische Zeit zurückgeht, als auch den weg zu einer märkischen Provinzialkunst eingeschlagen hat. Und zwar aus guten Gründen. Denn diese Plastik, von einem Jahrhunderte hindurch gefühlten lebhaften Bedürfnisse getragen, war eine künstlerische Tätigkeit, die sich innerhalb der städtischen Gewerbe gut entwickeln konnte. Spätere Bronzetaufen sind wahrscheinlich schon dem einheimischen Kunsthandwerke zuzu-

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