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die auch über die Grenzen nach Norden vordrang und nicht am wenigsten in Berlin beachtenswerte Werke geschaffen hat. Da der Süden, insbesondere die Lausitz, noch zu Sachsen gehörte, so ist der Einfltuß sächsischer Kunst nicht auffallend; denn mit den zu Wasser leicht zu beschaffenden Pirnaer Sandsteinen sind auch die Steinmetzen gekommen Viele der Schlösser sind freilich nicht mehr vorhanden, andere umgebaut, bei fast allen ist der künstlerische Schöpfer unbekannt. Dagegen aber wissen wir von der hier angesessenen Familie der Promnitz, daß sie ganz hervorragend künstlerisch anregend gewirkt hat. Pförten, das später vom Grafen Brühl vollständig umgebaut wurde, und Schloß Dobrilugk (Abb. 74), das aus den Klosteranlagen entstand, wurden im engen Anschluß an die sächsische Bauweise zu vier- oder dreiseitig umschlossenen Schlössern von diesen Dynasten umgestaltet. Sonnewalde, das durch den Grafen Otto von Solms erheblich vergrößert wurde, schloß sich dieser noch verhältnismäßig strengen Richtung an (Abb. 66). In Finsterwalde errichtete Herzog Christian I. von Merseburg einen ansehnlichen vierseitig umschlossenen Bau, dessen Arkaden die von den Promnitz in Sorau angewandte Bauart fortsetzten (s. S. 4st).
Seit einem Jahrhundert hatte die Renaissance in Brandenburg Boden gefaßt. Die Gotik war auf das Dorf zurückgedrängt, wo sie in Erweiterungen und Herstellungen älterer Kirchen noch einiges Leben bewies; aber auch die Renaissance bewahrte, von dem Schlosse in Berlin abgesehen, ihre Lebenskraft nur in den neuen Schmuckformen, allenfalls auch in dem Kunstgewerbe, während sie die konstruktiven Grundsätze nur wenig änderte. Trotzdem war sie jetzt auch den Bürgern vertraut geworden, weil der Protestantismus ihr die Kirchen öffnete, und weil die Zunahme steinerner Bürgerhäuser ihr ein weiteres Wirkungsgebiet öffnete, kam ihr zustatten. Es war die Ruhe vor den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges, obwohl die Regierung des schwachen Georg Wilhelm (1619—1640) auch zu Anfang eine zielbewußte Förderung nicht zuließ. Aber noch ließen sich die Wärter nicht stören, ihren künstlerischen Neigungen nachzugehen. 1624 erbaute Hans Georg von Ribbeck in der Breiten Straße zu Berlin ein Haus, dessen reich geschmücktes Portal deutlich die Absicht erkennen läßt, sich der durch das Schloß bestimmten architektonischen Führung anzuschließen (Abb. 75). Der Bau zeigt die Züge reifer Kunst, bei der die schönen Wappen, Fruchtgehänge und Putten zwar schon etwas unruhig und gehäuft sind, aber noch im Verhältnisse zu der klaren Fassade stehen. Es ist wohl die letzte architektonisch achtbare Äußerung der Renaissance in Brandenburg, die vor dem Ende des Krieges entstanden ist, und die noch auf der von Caspar Theiß begonnenen künstlerischen Grundlage steht. Erst nach drei Jahrzehnten ist wieder Ebenbürtiges geschaffen worden.
Abb. 74. Schloß Dobrilugk.
Nach Aufnahme von Dir. Fr. Goerke. Berlin.
Die verhältnismäßige lange Friedenszeit