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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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der Fülle malerischer Wirkungen, besonders aber sein grandioses Stadthaus (Abb. 139) sind baukünstlerische Leistungen, die sich würdig der älteren städtischen Architektur der Memhardt, Nehring u. a. anschließen. Schon wachsen auch die Erweiterungsbauten der Universität lind bald das Opernhaus empor, die dem Stadtbilde neue große Kunstzüge geben werden.

Auch die Privatarchitektur hat in den letzten Jahren andere Wege eingeschlagen und Meister gefunden, die der Großstadt einen neuen Typus von Mietshaus schaffen. Der leider viel zu früh verstorbene Messel hat manches Privathaus geschaffen, das vorbildlich geworden ist und den Ruf Berliner Architektur wiederhergestellt hat. von größerer Bedeutung jedoch für Berlin ist sein Warenhaus Wertheim, das für eine durch­aus moderne Aufgabe eine sinngemäße Gestaltung zeigt und als Typus einen weit über Berlin hinausreichenden Einfluß gewonnen hat. Messels Kunst ist eine rein persönliche, die zwar wie bei dem Versicherungsamt gern eine geschichtliche Anlehnung sucht, die sie jedoch in einer durchaus selbständigen Art verwertet. Der im Bau begriffene Erweite­rungsbau des Neuen Museums wird darlegen, wie folgerichtig Messel der Schinkelschen Kunst gefolgt ist.

Sind alle diese Bauten zum Teil von älteren umgeben, die ihre künstlerische Wirkung heben oder vermindern, so beginnt man seit einigen Jahren bei den neuen Stadterweite­rungen den Forderungen der Stadtbaukunst schon in der Austeilung des Geländes Rech­nung zu tragen. So alt und selbstverständlich eine solche Pflege auch ist, fo standen ihr doch in Berlin erhebliche Schwierigkeiten zumeist finanzieller Natur entgegen, die erst überwunden wurden durch die nachhaltige Förderung dieser architektonischen Disziplin. Einzelne Architekten wie Theodor Goecke (geb. 1850), Genzmer (geb. 1856), Brix (geb. 1859), Otto March (18451913), Hermann Jansen (geb. 1869) u. a. hatten in Wort und Schrift auf sie hingewiesen. Erfolg hatten ihre Bestrebungen indessen erst, nachdem im Jahre 1912 unter Führung Otto Marchs (18451913) und des Ober­bürgermeisters Kirschner ein Wettbewerb um einen plan für die zukünftige Gestaltung Großberlins stattgefunden hatte, der sehr beachtenswerte Anregungen brachte, darunter eine Ausstellung von Plänen und Modellen. Schon bei dem Bau der ersten Hoch- und Untergrundbahn hatten Bestrebungen eingesetzt, die im Anschluß an die Messelschen Bauten für moderne Aufgaben auch nach modernen Formen suchten. Sie gingen dabei von dem Zweck und dem Stoffe aus. Die Bauten der elektrischen Hochbahn haben mit diesen von dem Schweden Grenander (geb. 1863) verfolgten Bestrebungen künst­lerische Erfolge erreicht, die für die Zukunft wohl noch weitere Entwicklungen verheißen. Am folgerichtigsten auf dem Wege zu einer neuen technischen Kunst sind bisher Peter Behrens und Friedrich Dernburg, der letztere auch mit seiner schönen Brücke von Gberschönweide, bei dem Maschinenhaus der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft vorgegangen, dessen rhythmische Gliederungen den Ausgleich statischer Kräfte indessen schon bis zur Vernichtung des Architekturgedankens verfolgt haben. Die Zukunft wird zeigen, wie weit solche Bestrebungen gehen dürfen; anzunehmen ist, daß das künftige architektonische Gesicht der Weltstadt Berlin von der mäßigen Anwendung dieser Grund­sätze abhängt, die aber die rechnerische Beschränkung auf das Rein-Struktive zugunsten einer Verschmelzung von Statik und Kunst aufgeben dürften.

Großen Gewinn von diesen Bestrebungen haben die Berliner Vororte gehabt, die