Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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Die Lhronodistichen sind in der Provinz Brandenburg sehr alt; auf das Jahr 1348 bezieht sich der Versus rueiuoriulis:

kestis reAnavit plebis ^noque milia struvit,

6ontreiuuit tellus popnlnsque oreiuutur Lebrueus, lusolitus populus tiuxellLt sess semiuuäus!

in alter deutscher Übertragung:

Die Pest regiert, bracht viel ums Leben,

Das Erdreich tut auch ganz ergeben;

^ Die Juden wurden viel verbrannt.

Die Geißler man sich streichen sand.

Wahrsprüche und Symbole berühmter Männer enthalten manchmal im lateinischen Gewände dichterische Wendungen und Bilder und beweisen, namentlich im Reformations­jahrhundert, die große Verbreitung jener Gewohnheit, jedes irgendwie höhere geistige Erzeugnis in die fremde Sprache zu kleiden.

Der erste uns dem Namen nach bekannte lateinische Dichter in der Mark ist ein Zeitgenosse Gttos mit dem Pfeile, ein Graf Burchard von Lindow und Ruppin, der im Jahre 1311 starb; nur eine einzige Strophe ist von ihm erhalten, sie ist an seiiie Gattin, Elisabeth von Holstein, gerichtet:

pulxet lklisubellr et ttoret inter uxores,

Huus kupiuu köret elarissimu iuter sorores!

Nase lueu spes, men lux, splenäentes intsr uitores!

Mit dieser einen Ausnahme ist die vorhumanistische lateinische Dichtung in der Mark für uns ausschließlich anonym, außerdem aber durchaus nicht so charakteristisch, daß Ludwig Traubes dreifache Gliederung von einer astus verKiliniur (8. und 9. Jahr­hundert), einer ueta« borutluim ((0. und 11. Jahrhundert) und einer astus ovicliuna l>2. und 13 . Jahrhundert) hier erkennbar und durchführbar wäre?)

Deutlicher und charakteristischer wird das Bild erst mit der schon erwähnten Er­richtung der Frankfurter Universität?) Diese älteste Hochschulgründung in den hohen- zollernschen Landen war die jüngste unter den vor dem Beginn der kirchlichen Refor­mation entstandenenhohen Schulen", sie war die letzte, die noch unter und in den Anschauungen des altgewordenen Mittelalters ins Leben trat, und nach Tübingen und Wittenberg die dritte von denen, die andererseits doch schon unter dem Einflüsse des ersten wehens einer neuen Zeit, unter der Einwirkung der nach und nach in Deutschland fußfassenden wissenschaftlichen Renaissance, des Humanismus, standen. Bereits Albrecht Achilles hatte an eine solche Stiftung gedacht; für Johann Ticero waren ein neuer Ansporn dazu die Ermahnungen Kaiser Maximilians I. auf dem Wormser Reichstage von (495 gewesen, die dieser an die Kurfürsten hatte ergehen lassen, daß sie in ihren Gebieten Universitäten errichten sollten?) Joachim I. nahm dann des Vaters Plan

9 vgl. L. Traub, Einleitung in die lateinische Philologie des Mittelalters (Vorlesungen und Abhandlungen, Bd. 2), 5. ; ;z.

9 vgl. Gust. Bauch, Die Anfänge der Universität Frankfurt a. G. p)oa (Texte und Forschungen zur Geschichte der Erziehung und des Unterrichtes in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 3).

9 vgl. Bauch a. a. D. S. 2.