Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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rechte Blütezeit erlebt: ihre schroffe Stellung zu Luther hat ihrem Gedeihen schweren Schaden zugefügt/) der weit über das 16. Jahrhundert hinaus anhielt, und zu dem die Grundlage geschaffen worden war in jener Eifersucht, die Kurfürst Joachim aus Kon­kurrenzgründen gegen Wittenberg hatte und die ihn überhaupt der Reformation ab­geneigt machte. Je mehr dann im s 7. Jahrhundert der politische Schwerpunkt des Landes nach Berlin verlegt wird, je mehr sich dann dort alle geistigen und wirtschaftlichen Kräfte und Interessen konzentrieren, desto mehr tritt im Laufe der Zeit die Universität zu Frank­furt a. D. in den Hintergrund, bis sie am 10. August 1811 geschlossen und nach Berlin verlegt wird: Frankfurt wird eine reine Beamtenstadt, da die neumärkische Regierung und das neumärkische Oberlandesgericht dort ihren Sitz erhalten. Im Reformations­jahrhundert aber bildete Frankfurt nicht nur denOrt der Studien", auch die Musen hatten, nach der eigenartigen Vereinigung beider geistiger Disziplinen in jener Zeit,'dort ihren Sitz und ihre Pflegestätte, wenn auch dieser Einfluß oft nur ein mittelbarer sein konnte?)

Die Vereinigung wissenschaftlicher und dichterischer Betätigung ist ja bei den meisten märkischen Poeten des 16. und s7. Jahrhunderts ein wichtiges Eharakteristikum. Eine vorwiegend philologische Beschäftigung mit den klassischen Autoren brachte es mit sich, daß diese Männer die Gedankengänge und Ausdrucksweisen des Altertums völlig sich zu eigen machten und daß die Leistungen und Arbeiten des Berufes und ihrer Neigungen oft ineinander übergingen. So war der Mittstocker Valens Aocidalius (s 567/95)?) der Sohn eines protestantischen Geistlichen Namens hauekenthal, nach dem Studium in Rostock, Greifswald und Helmstedt, und nach einer dreijährigen Italienreise in Gesell­schaft eines wohlhabenden Freundes Daniel Rindfleisch in Breslau und dann in Neiße als Lehrer und Rektor des Gymnasiums tätig; wegen der letztgenannten Stellung war er katholisch geworden. Schon 1590 hatte er in Padua eine Ausgabe des VolloLus katoroulus veranstaltet, die ihm den Beifall des bedeutendsten Philologen seiner Zeit, Justus Lipsius, einbrachte:Valenten uoslrum ex Italia rocklisso volupe inilli knit. 8eio nillil uut purum idi esse, non ckieam pro veteri, sock pro nuperu Italia, et truetus Ille orkns elanKueseit. Ipse Valens (non te kallnin au^ur) Seinmula erit tlei munme vestrne, vivat mocko." Auf seinen Namen geht wohl fälschlicherweise die 1594 in Leipzig erschienene ScherzschriftNulieres non esse bomines"; (Huintus Lurtius, Apuleis und plautus waren die Gegenstände seiner

9 I" Frankfurt wurden Theologie, kanonisches und Zivil-Recht, Medizin und die freien Künste gelehrt. Durch Rec. wimpina wurde die Hochschule in einen ungleichen Kampf mit Witten­berg verwickelt; Luthers Thesen fanden in Frankfurt lebhaftesten Widerspruch, Tetzel dagegen beträchtliche Unterstützung: seine Gegenthesen stammen aus der Feder Wimpinas, der >518 auch Tetzel zum Or. tüeol. promovierte. Die Universität hob sich erst etwas, als Joachim II. am 1. November 153g zur evangelischen Lehre übertrat.

9 Line gute, knappe allgemeine Lharakteristik dieser Übergangsperiode bietet der Aufsatz von F. priebatsch, Geistiges Leben in der Mark Brandenburg am Ende des Mittelalters, in: Forschungen z. brandenburg.-preuß. Gesch-, Bd. 12, 1399, 2. 325/409.

9 vgl. über ihn: Bursian, Geschichte der klassischen Philologie in Deutschland, 1883 , S. 242/3; Fr. Adam, 17 . Bericht der Philomatie in Neisse, 1872 , S. 19/53; Th. Vdebrecht, Märkische Forschungen, Bd. 7, 1861, 2 . 210/6.