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Hermann Marggraff aus Züllichau in der Neumark (I 8 O 9 — 6 -h, ein echter Repräsentant des deutschen Schriftsiellerlebens in seinem „Auf und Ab", der als Redakteur sich in Hamburg und München in der Leitung kritischer Journale betätigte und die letzten elf Jahre seines Lebens die einflußreichen Blätter für literarische Unterhaltung in vorbildlicher weise führte, war von Haus aus ein feiner Lyriker — aus einem alten branden- burgischen Geschlecht, — dem aber ebenso wie Vtto Franz Gensichen spezifisch märkische Eigentümlichkeiten in Schilderungen und in Denkungsart abgingen. Der Danziger Vtto Friedrich Gruppe dagegen ( 1804—76) hat die Geschichte seiner Wahl- und Berufsheimat ser war seit 1833 Redakteur in Berlin und seit >84^ Professor an der Universität)*) in einem u eitausholenden Zyklus brandenburgischer Gedichte (1866) geschildert, die von Albrecht dem Bären bis zu den Ereignissen in Schleswig-Holstein reichen und in häufigem Anklang an die Nibelungenstrophe den balladenhasten Ton gut treffen, wobei allerdings das Vorbild Uhlands nicht zu verkennen ist. Sein eigentliches poetisches Verdienst aber beruht in umfangreicheren epischen Gedichten, von denen einige biblische Gesänge st857) an beträchtlicher Eintönigkeit der Form leiden und der wuchtige Gang der Ereignisse im Alboin (schon 1830) in einzelne Szenchen und Bildchen zerschlagen und zerlegt wird. Dem gleichen Stoffkreise gehört das Heldenlied in spanischen Trochäen Theudelinde (l84h) an, welches die Geschicke einer lombardischen Königin behandelt und im Alboin teilweise bereits enthalten ist. Ein Firdusi in sieben Gesängen ( > 856) ist reichlich matt; vier Jahre vorher faßte Gruppe in einer epischen Trilogie die aus früheren Jahren stammenden Dichtungen Königin Bertha (184-8) und Eginhard und Emma (1836) zusammen und verband sie durch das romantische Epos Karl und Hildegard; dem ersten Teil, den er ursprünglich dem bekannten Germanisten Karl Lachmann gewidmet hatte, schickte er 1848 ein poetisches Vorwort voraus, in welchem es heißt:
Lin deutsches Lied! Ich sang's in trüben Stunden,
Um zu verscheuchen von der Stirn den Gram,
Um zu vergessen all der tiefen Wunden Und all des Leid's, das Deutschland überkam.
... Ls soll auch wieder Sonntagsstille kommen,
Daß eines Laubes Lallen wird gehört--
Dann wird vielleicht auch dieses Lied vernommen,
Gleich einem hauch, der durch die Blüten fährt.
Aus der Fülle der märkischen Lyriker stelle ich gleich hier noch etliche zusammen, bei denen heimatliebe und heimatklänge zusammenslossen und denen manches freundliche Gedicht als Zeugnis einer warmen Empfindung für die landschaftlich-stillen Reize Brandenburgs gelungen ist. Ei» wirklich großer Dichter und Gestalter fehlt hier freilich,
') Seinem Widerwillen gegen die hegelsche Philosophie hatte Gruppe noch zu dessen Lebzeiten in Werken von an sich geringem werte Ausdruck gegeben; als aber der preußische Minister Eichhorn es für nötig hielt, den Pfad der kräftigen Reaktion gegen die hegelsche Linke zu betreten, konnte ihm der skeptische Spötter der Philosophie als eine für solche Tendenzen geeignete Persönlichkeit wohl erscheinen; zu solchem Zwecke erhielt Gr. eine Professur. Gr. verfügte über eine ungewöhnliche Vielseitigkeit; in Dramen behandelte er n. a. Vtto v. Wittelsbach und förderte die Wissenschaft von der deutschen Literaturgeschichte durch eine gute Studie über R. Lenz; auch schrieb er etliche rein philologische Dinge, gegen die sich aber mancherlei einwenden läßt.
Brandenburglsche landeskunde. Bd. IV. . 21