Anblick vor der Hundebrücke stehend nach den Linden hinauszusehen" sind bekannt genug. Das Zeitalter Metternichs aber, dessen Publizist, der Kantschüler Friedrich von Gentz, einst Gast der Rahe! Dörnhagen war, nötigte auch die Bevölkerung Berlins, „im stillen Ausbau eines bürgerlichen Wesens Ersatz zu suchen für die fehlende Betätigung politischer Kräfte". Der dritte Friedrich Wilhelm von Preußen ging als Muster und Vorbild hier voran; Schinkel, Schadow und Rauch verschönten die Stadt durch Bauwerke und Denkmäler, sachlich und sicher malten Karl Begas und Wilhelm Hensel neben anderen, die Menschen dieser Zeit, Franz Krüger hielt das Leben dieser Stadt in dem Menschenalter der Reaktion mit sparsamer Pinselkraft fest: unter den von ihm gezeichneten Persönlichkeiten befand sich auch der junge Schüler, der bald darauf in demselben Zimmer wie einst Ludwig Börne als Student in Berlin einzog, Otto von Bismarck.
Die literarischen Anregungen und Ereignisse fehlten freilich in dieser Stadt von rund 230 600 Einwohnern?) An der Universität und weit darüber hinaus auf mannigfachen geistigen Gebieten herrschte Wilhelm Friedrich Hegel; maßvoll-klassizistisch als Dichter stand sein Schüler Karl Werder neben dem begabten, aber jung verstorbenen Michael Beer; die Bühne aber beherrschte in Berlin — und mit seinen wichtigeren Stücken gar bald weit darüber hinaus — der schlesische Pastorssohn Ernst Benjamin Salomon Raupach sl 784—s852), platens bekanntes und verspottetes „Iüdchen Raupel"?) womit er aber dem von ihm auch mal gelegentlich Perückenverfertiger genannten Dramatiker Unrecht tut; denn der Übergang der Berliner Bühnen in jüdische Hände vollzog sich viel später! Raupach war nach einer überaus strengen Schulzeit in Liegnitz, nach mühsamen Hallenser Studentenjahren und nach kurzer Wirksamkeit als Geistlicher in der Umgebung der Saalestadt sowie in Dörfern seiner Heimatprovinz s806 nach Petersburg gegangen, um seinen älteren Bruder dort als Erzieher in einem adligen Hause abzulösen. Einein mehrjährigen Aufenthalte in Moskau folgte dann eine Zeit erneuter Tätigkeit in Petersburg, erst als Prediger der dortigen deutschen Kolonie, und dann als Lehrer der Geschichte und der deutschen Literatur an der Hauptbildungsanstalt für Kadetten, die t8ift in die Universität zu Petersburg umgewandelt wurde. 1822 verlor er diesen Posten/) ging zunächst nach Italien und versuchte dann in Weinrar festen Fuß zu fassen; persönliches Mißverhältnis mit Goethe verleidete ihm aber dort den Aufenthalt und er begab sich nach Berlin, weil er amrahm, daß dort die Voraussetzungen für seine auf die Bühne gerichteten Zukunftsabsichten die günstigsten seien. Er hat sich in dieser Meinung nicht getäuscht; die Anfänge seiner dramatischen Dichtungen — Verse und Novellen spielen in seinem Lebenswerke nur eine gänzlich untergeordnete Rolle — reichen bis irr die ersten Jahre seines russischen Aufenthaltes zurück und stehen stark unter dem Einflüsse Schillers
ft vgl. p. Lindau, Das neue Berlin, 188S, S. 216.
2 ) Noch im Juli 18 Z 5 trug Fr. Hebbel in sein Tagebuch ein: Raupach ist gewiß ein Jude, denn er handelt mit der Poesie und gibt gewiß nicht zuviel fürs Geld (Ausgabe der Tagebücher und Briefe von p. Bornstein, Bd. 2, 1912, S. 14).
ft Auf diese biographischen Einzelheiten einzugehen, würde hier zu weit führen; in meiner dem Abschluß nahen ausführlichen Monographie über Ernst Raupach, seine Zeit, sein Leben und sein Werk werde ich alle diese in Frage kommenden Dinge des Entwicklungsganges Rauxachs söwie seine 124 — mir bekannten — Bühnenstücke in stofflicher, technischer und sonstiger Beziehung untersuchen und darstellen.