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sowie der Schicksalsdramatik. Erst jetzt, nachdem er bald vierzigjährig nach Berlin gekommen war, beginnt Raupachs Tätigkeit in Lustspielen und rein historischen Dramen, die ihn über zwanzig Jahre lang zu einem Beherrscher der Theater machten, wie es weder Zffland und Aotzebue vor ihm noch Benedix und Blumenthal nach ihm gewesen sind. Die Anknüpfungen an Talderon — die Tochter der Luft — oder Goethe — Tassos Tod — sind für Raupach nur gelegentliche Episoden in seinein Schassen; rein stofflich ist er von zufällig aufgegriffenen Anekdoten ebenso abhängig wie von englischen Romanen oder französischen Borlagen. Die vielgenannten und vielverlästerten Hohenstaufen bilden ja nur einen Teil jener dichterischen Beschäftigung mit dem so überaus reizvollen und doch niemals zu bewältigenden Stoffe, die sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in unsere unmittelbare Gegenwart durch die deutsche Literatur hindurch zieht ch) hier hat Raupach im mittelalterlichen Gewände und in völligstem Anschlüsse an Räumers Ge- schichtswerkBerhältnisse und Widersprüche seiner eigenen Gegenwart auf staats- und kirchenpolitischem Gebiete in weitschichtigster Form und in gänzlicher Verkennung des Wesens wahrer historischer Dramatik behandelt. Raupachs ein- und mehraktige Lustspiele sind in der Charakteristik der handelnden Personen, in der Fassung und Prägung des Dialoges typisch für den Geist einer Zeit, die im Theater und in der Bühne das eigentlich öffentliche Forum für einen Meinungsaustausch sah, der ihnen in jeder anderen Weise verwehrt war. Gegen manche Schwächen und Auswüchse seiner Zeit hat Raupach sich mit leichter Satire und gelegentlich gutem Wortwitze gewendet; nach dem Tode Friedrich Wilhelms 711. war sein persönlicher Einfluß schon deswegen gebrochen, weil er aus dem dramatischen Prüfungskollegium des Hoftheaters ausschied, und die Forderungen der Revolution haben Raupach, der am Ende seines Lebens zu mancherlei wissenschaftlichen Liebhabereien seiner Zugend wieder zurückkehrte, als Menschen und Schriftsteller völlig aus der Bahn geworfen. Es ist gegen ihn zu seinen Lebzeiten ein Aampf mit allen Waffen der Ironie, der Verachtung, des Spottes und Hohnes, in Vers und Prosa, geführt worden auf lange hinaus ohne jeden Erfolg, bis sein Werk dem lebenskräftigen Anstürme des Zungen Deutschland und den ersten Bühnenwerken eines Gutzkow, prutz u. a. zu weichen anfing; trotzdem aber besteht Raupachs literaturgeschichtliches Verdienst darin, daß er in einer Zeit, welche namentlich von Berlin aus das praktische deutsche Theater mit Übersetzungen und Importen von der französischen Bühne her geradezu überschwemmte, das Publikum gezwungen hat, dieser ausländischen flachen und seichten Waare gegenüber Partei für ihn zu ergreifen und damit gelegentlich auch Antik an sich selbst zu üben?)
st vgl. p. A. Merbach, Die deutsche hoheustaufendichtung, in Theaterknrier >y>5, Nr. 7.
st Aus der übergroßen Zahl derer, die aus der Mark Brandenburg gebürtig sind und in ihrem literarischen Schaffen gar keine oder nur ganz geringfügige Anklänge an die Heimat irgendwie und irgendwo aufzuweisen haben, nenne ich hier als Andeutung und Probe: den ans Lottbus stammenden Jakob Lmanuel pyra (>7>5—>744); den süßlich-lüsternen Karl heun alias h. Llauren (>7?>—>854), der aus Dobrilugk stammte; den Schicksalsdramatiker houwald s>?78—>845) aus der Lausitz; den Dramaturgen h. Th. Rötscher (>8v5—>87>) aus Mittenwalde; Th. Mundt (>808—>86>) aus Potsdam; Gustav zu Pntlitz (>82>—->890) ans Retzien; Gustav v. Moser, den Lustspieldichter, aus Spandau; Adolf Stahr ans prenzlau, der sich in seinen Jugend erinnerungen als echten Sohn der Mark zeigt. — Die Romane von L. G. v. Berneck (xseud. L. v. Guseck) spielen zur Zeit des Großen Kurfürsten (Madame de Brandebourg, >8SZ) oder im Mittelalter, wie Der Sohn der Mark, was hier der Vollständigkeit halber noch erwähnt sei.