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sich, sowie sie allein sind, des allerderbsten Berliner Jargons bedienen. Boß gab diesem Genrebild eine schwächliche Fortsetzung in den Damenschuhen im Theater; eine flotte Wirtshausszene endet hier mit einer Schlägerei, bei der die beiden Berlinerinnen mit ihren Schuhen mutig mit dreinschlagen. Als erster hat dann Boß es unternommen, dem Altberliner Volksfeste des Stralauer Fischzuges dramatische Gestalt zu verleihen, die am 28 . Oktober ( 82 ( im Berliner Hoftheater zum ersten Riale ausgesührt wurde. Der Druckausgabe des Stückes schickte Boß einen ausführlichen jAan eines Berliner Bolkstheaters voraus sowie einen warmen Appell an die Schriftsteller, ihm auf der Bahn solcher Bolksstücke und nicht fader flössen zu folgen. Freilich ist dieser erste Bersuch einer bewußten dramatischen Berliner theimatkunsl kaum als gelungen zu bezeichnen; die ablehnenden literarischen Urteile aus der Gntstehungszeit des Stückes sind völlig berechtigt, und es kann nur auf ein historisches Interesse Anspruch machen. Die allgemeine Charakteristik des Berliner Bürgers als ehrenhaft und tüchtig, als schlagfertig und stolz auf seine Heimatstadt und sein Vaterland trifft zu; manche nette Genrebildchen sind gut gezeichnet; völlig unmöglich aber ist die Rührszene eines Blindenpaares, das ganz nach Aotzebues Vorbild in heißer Liebe entflammt. In häufiger Benutzung des Berliner- Dialektes in manchen seiner Werke schuf Boß etwas Neues; im Fischzug sprechen ihn außer einer Anzahl Nebenpersonerl vor allem die redselige Fischerswitwe, die keine andere Rede duldet und des Sattlers Lieblingsphrase lautet: Du hast nichts zu duhn, als zu duhn, was du duhn sollst; noch fehlt bei Boß hier die konsequente Durchführung, aber die Zahl seiner Nachfolger ist Legion, Glaßbrenner, auf den noch näher einzugehen sein wird, hat hier die typische Darstellung gefunden, und Fontane bewies, daß der Berliner Dialekt irr den bestell Romanen seinen hAatz als ein künstlerisches Ruttel behaupten kann?)
Die Entwicklungslinie des Berliner Witzes führt nach Julius von Boß zunächst zu Lorris Angete,h dessen Ururgroßvater aus der Languedoc stammte, von wo aus die Familie über Hameln und Magdeburg nach Leipzig kam, wo Louis (787 geboren ward. Seine Vaudevilles und j?ossenF) die für die Bedürfnisse und Aünstler des Berliner Rönig-
i) I» Christian Friedrich Brandes' fünfaktiger Komödie „Der Landjunkcr in Berlin oSer Die Überlästigen", Leipzig, r? 9 l, die „im Mnllerschen und in der Folge im Körnersche» Gasthofe der Residenzstadt" spielt, ist die Szene der Bedienten znm Teil im märkischen Platt gestaltet; vgl. über Brandes die Studie von Johannes Klopsfleisch, Heidelberger Oiss. lgos.
H vgl. über den Stammbaum der Familie Angely in: Mitt. d. Ver. f. d. Gesch. Berlins, l8ga, Nr. 4, S. §8.
h Line Übersicht über eine Reihe von Titeln zeigt die Abhängigkeit Angelys von französischen tklnstern und Vorbildern:
Das Ehepaar aus der alten Zeit. Lokaler Scherz in einem Akt. Als Vaudeville behandelt und mit bekannten Melodien versehen. (Hyacinth Duval von der französischen Kolonie, von einer kleinen Pension lebend, die Hauptperson.)
Herr Blaubart oder das geheimnisvolle Kabinett. Posse frei nach dem Französischen.
Schüler-Schwänke oder die kleinen Wilddiebe (d. i. Zöglinge der Militärschule in Paris).
Schlafrock und Uniform. Lustspiel in einem Akte nach vial.
Die beiden Hofmeister. (Komik der Namen beachtenswert: Herr v. Schwach; Schlaglieb, Dorfschulmeister.)
Der Schmarotzer in der Klemme. Vaudeville nach Scribe. (Bohmhammel, Gastwirt. — Schmeckebei», Titelrolle.)