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Gegenstück saßen in der Weinstube von Hippel die „Freien", die sich namentlich um Max Stirner scharten, dessen Totenbild der in den vierziger Jahren in Berlin eingewanderte Journalist Ludwig pietsch aus Danzig (>824:—>c,iZf zeichnen durfte und dessen Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum" in Berlin entstand, zunächst aber ohne jede Wirkung blieb. Harmloser als die Zusammenkünfte dieses gegen alles Bestehende anstürmenden Kreises waren die Gespräche in den Kaffeehäusern des damaligen Berlins, die durch die immer häufiger werdenden Zeitschriften Buttelpunkte geistiger Geselligkeit wurden; das junge Deutschland setzte sich durch, eine Bewegung „ohne die innere Wucht der Romantik, aber getragen von dem politischen Untertone einer neuen Zeit"?) Aber schon Heine und Börne waren nur vorübergehend in Berlin gewesen; die tatkräftige Aktion der neuen Richtung lag ebenfalls außerhalb der Hauptstadt. Der Wortführer und Vertreter der literarischen Strömung an der Spree, Theodor Mundt, erreichte mit seinen Zeitschriften durchaus nicht die Erfolge, wie sie die jungdeutschen Herausgeber außerhalb Berlins auszuweisen hatten: Laube und G. Kühne, August Lewald und Karl Gutzkow. Diesem Berliner Kinde s>8> I—78), der sicherlich die positivste Natur unter all diesen Stürmern und Drängern war, gelang die Gestaltung Berlins in dem handfesten Lustspiel Zopf und Schwert aus den Tagen des Soldatenkönigs und später in dem reichlich umfänglichen und zerfließeirden, aber auf jeden Fall bedeutenden Romane „Die Ritter vorn Geiste", deren ersten Band er mit einer programmatischen Einleitung am pfingstfeste >850 von Dresden aus in die Welt schickte und iit denen er einen Berliner Zeitroman schuf, der die mannigfachen Strömungen, Wirrungen, Hoffnungen und Ziele dieser Zeit zu schildern suchte, aber doch noch Tempelhos hinter der Tempelheide und Berlin hinter der Hauptstadt schlechthin versteckte. Ein anderer aber, als Künstler größer als das ganze junge Deutschland, kam in diesen Zähren zur Reife und schenkte rasch hintereinander der Stadt und dem Lande, Berlin und der Mark, in poetischer Gestaltung die Geschichte ihrer Vergangenheit, Willibald Alexis H 798 —>87>),h den bereits >844 Hebbel im Vorworte zur Maria Magdalena den berufenen Nachfolger Scotts auf märkischem Boden genannt hatte.
Diese Bezeichnung ist ein Ehrenname, wenn er sagen will, daß das, was Scott im historischen Romane für Schottland und England, Alexis in seiner Weise für die Mark Brandenburg und Deutschland geleistet hat. Diese Kunstgattung aber hat durch Scott und durch Alexis eine grundverschiedene Gestaltung erfahren. Schon der dichterische Reiz der Geschichte war für jeden von ihnen ein anderer: Scott sah das Kräftespiel, Alexis das Farbenspiel der Vergangenheit, der Engländer schilderte historische Persönlichkeiten und Konflikte des Lebens, der Märker gestaltete kulturgeschichtliche Probleme und die Buntheit des Geschehens. Scott gab nicht die Geschichte als Roman, sondern den Roman in der Geschichte, so daß das Znteresse des Lesers nicht in den Figuren, sondern in ihren Konflikten liegen mußte; formtechnische Gründe ergaben dann das Resultat, daß Scott der dramatische Dichter in epischer Form ist, der eine Reihe von Begebenheiten
tz vgl. H. Spiero, Vas poetische Berlin (Bd. 5 und 6 der Sammlung Pandora, ign »nd Zö6 und >77 S.), Bd. >, S. 6Y.
2) vgl. die Dissertationen: H. A. Aorff, Scott und Alexis, eine Studie zur Technik de- historischen Romanes, Heidelberg, -gor, >43 S.; R. Fischer, Schloß Avalon, der erste, historische Roman ivillibald Alexis', Leipzig, lyzi, >03 S.