Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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um die Figur eines Helden zusammenschließt. Alexis dagegen schuf den historischen Roman in Gestalt einer großen Rahmenerzählung, die an sich wieder in Episoden und Genrebilder zerfiel und den Helden im Scottschen Sinne völlig ausgab:der eminente Epiker in Alexis sprengte damit also die alten Fesseln des von Scott über­nommenen dramatischen Prinzipes," er wurde Epiker durch und durch, wobei er aber das Problem, den dramatischen durch einen anderen Zusammenhang zu ersetzen, nicht gelöst hat. Entweder wurden im einzelnen doch wieder personelle Interessen die Verbindungsglieder oder es war der Fortgang der geschichtlichen Krisis zu­gleich der Fortgang des Romanes oder aber der Roman rankte sich um eine Sache herum, die wie die Elenhosen des Herrn von Bredow einen ergötzlichen R uttelpunkt des Ganzen bildeten. Scott ist somit der von Naturanlage dramatische, Alexis der von Naturanlage epische Dichter; der Unterschied ihrer Werke ruht darin, daß der dramatische Inhalt von Scotts Romanwelt durch eine epische Form zur Ruhe ge­bändigt, der episch ruhige Inhalt von Alexis' Romanwelt aber durch eine höchst drama­tische Form zur leidenschaftlichen Erregung gebracht wird. Ebenso ist auch im Dialog Alexis von Scott unterschieden: das geistreiche Wortgefecht hm Eabanis), die Sentenz (imRoland von Berlin"), die politische Reflexion (inRuhe ist die erste Bürgerpflicht") und die Anekdote (in denHosen des Herrn von Bredow") sind die wichtigsten Kunst- mittel, deren sich Alexis im Gegensätze zu Scott bedient; dasungemein Sachliche" trennt Scotts Dialog von dem des Alexis. Das Verhältnis des jungen Alexis zu Scott wird durch drei Tatsachen bestimmt: durch die Besprechungen in den Wiener Jahrbüchern, durch die Romane Walladmor und Schloß Avalon. In den Kritiken setzt er sich mit Scott auseinander, in dem ersten der Romane sucht er ihn zu parodieren, im zweiten will er ein eigenes Werk schaffen, welches die neuen aus Scotts Romanen gewonnenen Ein­sichten verwerten soll in Gestalt eines Romanes, der Scotts Schwächen vermied und seine Technik erweiterte. Diese Erweiterungen betrafen ein In-die-Breite-Treiben des Stoffes, der sich über eine längere Zeit ausdehnte, und einDezentralisieren" des Helden; beides aber bedeutete in bescheidensten, fast zufälligen, äußerlichen Anfängen die Keime der maßgebenden Tendenzen, aus denen sich später der vaterländische Roman Alexis' entwickelt hat. Eabanis zeigt dann noch den Typus des durchgehenden Helden, leidend zwar, aber bereits in tieferen Farben gehalten, die Komposition des Ganzen aber empfängt ihre poetischen Reize durchweg durch die Episode und das Genrebild; deutlich zeigt dies Werk bereits einen Dichter am Werke, dem es nicht um die geschichtliche Persönlichkeit, sondern um das kulturhistorische Bild der ganzen Zeit zu tun war. DieHeldenfigur" verschwindet in den nächsten Romanen, imRoland von Berlin" und imWaldemar" immer mehr;die geistige Entwicklung der Geschichte wurde das, was für Scott der Held war". Auch die Stoffe der folgenden Dichtungen haben das Gemeinsame, daß eine in ihnen sich abspielende Entwicklung und deren Fortgang zur Darstellung gelangt; in den: Buche von der Ruhe, die die erste Bürgerpflicht ist, handelt es sich dann um die Schilderung einer absoluten Zuständlichkeit, nur fällt hier der Bau der Erzählung bröckelnd auseinander, weil die große Kraft einer alles an sich heranziehenden Zentral- bewegung fehlt. Die Versuche, eine solche wiederzugewinnen, erfüllen dann die letzten Produkte seines dichterischen Schaffens. Ich hebe hier noch einmal den Eabanis heraus:

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