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weder vorher noch nachher ist Berlin jemals so kraftvoll und zugleich völlig absichtslos geschildert worden, ein echtes, künstlerisch geformtes Bild des Lebens unter Friedrich dem Großen. Daneben stehen in den ersten Bildern des Isegrimm die kargen Landstriche der Mark; der Angehörige der französischen Kolonie mit seinem eigentlichen Namen hareng hatte hier die fernen, leisen und gelegentlichen Ahnungen Schmidts von Werneuchen in inhaltlich wie formell gleich vollendete Wirklichkeit umgesetzt.
Kurz nach dem ersten Auftreten Willibald Alexis' kam aus der Klart die große Totenfeier für den (Olympier von Weimar: Bettina von Arnims Buch Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, der das geistige Treiben dieser Stadt mit einem Schlage in den Mittelpunkt literarisch-künstlerischer Interessen stellte. Bettina bildete in den Ausgangsjahren der Regierung Friedrich Wilhelms III. einen letzten Mittelpunkt ästhetischer Menschen und Bestrebungen, an dem höchstens Sonderlingsnaturen wie Friedrich Rückert auf die Dauer vorübergingen, der einsam am Schiffbauerdamm saß, da seine Familie in Franken zurückgeblieben war, in einem an der Spree gelegenen Zimmer mit weiter Aussicht auf den Fluß, und der schließlich froh war, sich wieder aufs Land zurückziehen zu können:
Das Jahr 1840 bildete einen Einschnitt, nicht nur, weil mit dem neuen Herrscher neue Wünsche, Hoffnungen und Möglichkeiten laut wurden und in Aussicht standen, sondern weil all das Neue nach Erscheinungsformen drängte, die mit den bisherigen Formen des Denkens und Urteilens in grundsätzlichem Widerspruche standen. Der Berliner Witz, dessen Anfänge und Weiterentwicklung schon dargelegt wurde, bog nach der politischen Seite aus, das Jahr > 848 ließ eine Reihe von Witzblättern entstehen und vergehen, die öffentliche Einrichtungen im weitesten Sinne in den Mittelpunkt ihrer Erörterung stellten. Bestimmte Typen kamen auf, wie der Nizegefreite Bohmhammel von der Bürgerwehr, der eine „vorpopulige" Stimme vor dem Schauspielhause, dem Sitze der Nationalversammlung, auffing; die vielfach jüdischen, pseudojüdischen oder juden- seindlichen Flugblätter und Tendenzen fanden ihre Personifikation durch Jakob Leiche Tulpenthal; so mischten sich märkisch-volkstümliche Elemente — ich erinnere hier im weitgespannten Zusammenhänge an Hans Tlauert — in dieser rasch emporkommenden Literatur mit französischen und jüdischen Bestandteilen, die ihrerseits wieder auf einen fast schon von alters her ererbten Einfluß ein Anrecht hatten. Im Kladderadatsch, in dem „Grgan für und von Bummler" gewann der Berliner Witz eins literarisch-politische Ausprägung. Außer dem Berleger Albert Hofmann und dem genialen Zeichner Wilhelm Scholz waren es keine Berliner, die das Blatt schufen: Ernst Dohm, Rudolf Löwenstein und David Kalisch stammten aus Breslau. Rasch wurden die neuen Typen volkstümlich, deren Stammbaum bis zu Glaßbrenner zurückgeht: Müller und Schultze, die beiden Kleinbürger, die Landjunker hckudelwitz und Strudelwitz — die einzelnen Entwicklungs-
Aus der staubigen Residenz
In den kosenden Frischen Mai,
Aus dem rauschenden Mxernsaal Zu dem lauschenden Frühlingstal.
In den laubigen Frischen Lenz,
Aus dem tosenden Gassengeschrei