Zaubern der Landschaft, die durch die Jahrhunderte hindurch so sehr verkannt war und für deren Eigentümlichkeiten und Schönheiten ihm das schottische Hochland Auge und Seele geschärft hatte. Die auf unermüdlichen Streifzügen erforschten Gegenden — immer wieder ist das Motiv des Manderns das Grund- und Hauptthema von Fontanes Kunst und Werk — sind nach und nach in einer beinahe zur Dichtung gewordenen chronikartigen Behandlung zu einem höchst eigenen und anheimelnden Leben erstanden. In dieser so scheinbar weltentlegenen märkischen Landschaft bleibt — das Problem dev tatsächlichen Entwicklung wiederholend und fast erklärend — als unsichtbar naher Mittelpunkt Berlin fühlbar, mehr die Residenz als die Weltstadt, mehr die riesige Kleinstadt und das große Weltdvrf: so bildet es den Hintergrund zu den Wanderungen durch die Mark, die ja immer wieder zu solchem Ausgangspunkte zurückführen. Wiese Wanderungen sind ein Vriginalgewächs; sie gleichen jenen köstlichen Weinen, die nur in bestimmten Getänden reifen können und an deren blumiger Würze und erdgeborener Kraft sich doch nachher alle Welt mit innigem Behagen letzt. Wie solche alten Weine wollen auch die zwanglos durch die Jahrhunderte hinlaufenden Kulturbilder genossen sein: langsam und gemächlich, in Absätzen und Schlucken. In meisterlich knapper Eharakteristik und doch auch wieder mit verweilender Umständlichkeit werden diese Fußwanderungen geschildert; Fontane ist in Wahrheit unter den deutschen Prosaisten dieser Zeit derjenige, welchem die sinnlichste, d. h. gegenständlichste Sprache zu Gebote steht. Ihm lebt alles, und selbst wenn er keuchend dem letzten Berliner Auge entgegenstrebt, bemerkt er noch die pickenden Spatzen am Droschkenstande. Ein Muster der von ihm erreichten „Vergegen- ständlichung" ist im vierten Bande die Weihnachtsfahrt nach Malchow: in zehn Zeilen ist da das vorfestliche Treiben am Alexanderplatze, die verschneite Lhaussee nach Weißensee mit den wintertraurigen Vergnügungslokalen zur Anschauung gebracht. Fontane ist ein beschaulicher Wegweiser, der gern mit leise lehrhaftem Tone vom Einzelfall aufs Ganze generalisiert; er ist unverwüstlicher Optimist, dem aus den Tagen seiner Neu- ruppiner Tätigkeit als Apothekerlehrling etwas von der Sorgfalt zum Kleinen, von der Schärfe und Genauigkeit des Blickes blieb; schweigen die alten Throniken, so schwatzt am Wege wohl auch mal eine märkische Magd. In dem Romane „Vor dem Sturm" bietet er noch bunte Bilderbogen: der Rest der französischen Bildung des t8. Jahrhunderts steht neben preußischem Junkertums, märkische Gradheit und rheinbergischer Esprit neben Eigenschaften und Taten polnischer Kavaliere; prächtig erschaute landschaftliche Hintergründe geben den Rahmen dazu. Freilich zerbröckelt der Kulturroman in Genrebildchen von erlesenem Reize; seitdem hat Fontane den Einzelsall, ein apartes psychologisches Problem, gesucht und gestaltet. Sein Wesen ist die Verneinung aller korrekten Pedanterie: es wirkt bei ihm alles unmittelbar und mühelos trotz und bei aller Neigung zur Reflexion. Er griff früh und mutig nach „peinlichen" Stoffen, so daß durch sein Wesen und Schaffen ein gesellschaftskritischer Zug von Anfang an geht, der wohl durch Milde und „Betrachtsamkeit" abgeschwächt und gelenkt wird. Wie er früher alte Burgen gesucht, schaute er nun nach alten Originalen und jungen Seelen aus. So war sein Fortschreiten ein Vorwärtsschreiten in technischen wie inhaltlichen Dingen und erreicht dann in dem Romane von den Irrungen und Wirrungen einen Höhepunkt. Seine Frauengestalten sind fast alle weiche, träumerisch-sinnliche Naturen; er sieht das „Verhältnis"
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