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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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rufen;') ein halbes Jahr später gingen als erste Aufführung die immer noch in Berlin verbotenenGespenster" wiederum in Szene, und einen Monat später, in den Sonntag- mittagstunden des 20. Oktober, wurde unter den oft geschilderten Lärm- und Lkandal- szenen der dramatische Erstling des kommenden naturalistischen Wortführers,Bor Sonnenaufgang"^ von Gerhart Lsauptmann, zum ersten Male aufgeführt. Das Resultat dieser ereignisreichen Wochen hat einer der Hauptbeteiligten, Otto Brahm, in die Worte

mir freundlichst zuteil gewordene private Mitteilung der Redaktion der Hamburger Nachrichten, daß die Aufführung der Gespenster tS82 bei Sagebiel durch eine deutsche Gesellschaft unter Hofschauspieler Direktor Niemann stattgefunden haben soll, auf Richtigkeit beruht, gelang mir leider nicht, einwandfrei festzustellen.

H Die Gründer waren: Gtto- Brahm, S. Fischer, Maximilian Harden, Heinrich Hart, Julius Hart, Paul Jonas, Paul Schlenther, Julius Stettenheim, G. Stockhausen, Theodor Wolfs. Die Freie Bühne zählte im September rssy bereits gegen 640 Mitglieder: die Auf­führungen, die sie im ersten Halbjahre ihres Bestehens im. Lessingtheater veranstaltete, sind schon aus programmatischen Gründcn wichtig genug, um hier mitgeteilt zu werden:

29. September Z88Z: Gespenster. (Die Besetzung des Stückes bei dieser denkwürdigen Gelegenheit war folgende: Frau Alving Marie Schanzer; Oswald Lmerich Robert; Manöers Artur Krausneck; Lngstrand Theodor Lobe; Regine Agnes Sorma.)

20. Oktober: vor Sonnenaufgang.

November: Henriette Naröchal, von Jules und Ed. Goncourt.

Z5. Dezember: Der Handschuh, von B. Björnson.

5. Januar zsyo: Dieselbe Vorstellung.

26. Januar: Die Macht der Finsternis, von L. Tolstoi.

2. März: Das vierte Gebot.

7. April: Die Familie Selicke, von A. Holz und I. Schlaf. Auf dem Heimwege, von A. Aielland.

4. Mai: von Gottes Gnaden, von A. Fitger.

p Juni: Das Friedensfest, von Gerhart Hauxtmann.

Am 29. Januar ;8go erschien das erste Heft der Wochenschrift Freie Bühne für modernes Leben, die als Neue Rundschau noch heute besteht.

2) Das früheste Urteil über Hauxtmanns Stück findet sich in einem Familienbriefe Th. Fontanes vom September ;S8I:.. . anderweitig eine große Torrespondenz, darunter ein Brief an einen Herrn Gerhart Hauptmann, der ein fabelhaftes Stück geschrieben hat: vor Sonnenaufgang, soziales Drama, L Akte. Ich war ganz benommen davon . .. gestern eine Karte von Brahm, der ganz meine Anschauungen teilt. Dieser Hauptmann, ein wirklicher Hauptmann der schwarzen Realistenbande, welche letztere wirklich etwas von den Schillerschen Räubern hat und auch dafür angesehen wird, ist ein völlig entphraster Ibsen, mit anderen Worten, ist das wirklich, was Ibsen blos will, aber nicht kann, weil er in seinen neben der realistischen Tendenz fortlaufenden Nebentendenzen mehr oder weniger verrückt ist und in zu­gespitzter Entwicklung dieser Verrücktheit ganz ins Phrasenhafte verfällt... in die Phrasen- haftigkeit des Gefühles, der Anschauung, von all diesem ist Hauptmann ganz frei; er giebt das Leben, wie es ist, in seinem vollen Graus; er thut nichts zu, aber er zieht auch nichts ab und erreicht dadurch eine kolossale Wirkung. Aber (und das ist der Hauptwitz und der Haupt­grund meiner Bewunderung) es spricht sich in dem, was dem Laien einfach als abgeschriebenes Leben erscheint, ein Maß von Kunst aus, wie's nicht größer gedacht werden kann." Th. Fontane