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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Albrechts stand, die Vokalmusik, stellte drei Organisten an und ließ an den Feiertagen sogar Instrumentenspieler am Gottesdienst teilnehmen. Wie an andern Fürstenhöfen wird allmählich ein Chor.von Berufssängern und Singeknaben unter einem Kapell­meister ins Leben gerufen und damit die Kurfürstliche Kantorei geschaffen, die sowohl im Dom als auch im Schloß bei geistlichen und weltlichen Gelegenheiten aufwartet und auf der einen Seite den Grund zu einer höfischen Musikpflege legt, auf der anderen die kirchliche auf eine künstlerische Stufe erhebt. Erhaltene Musikalieninventare aus Joachims Zeit zeigen, daß die Brandenburgische Kantorei sich mit dem Besten befaßte, was die zeitgenössische musikalische Literatur bot. Johann Georg, dessen Regierung im übrigen nach so vielen Richtungen hin Gegensätzliches zu der des Vaters aufwies, folgte doch im Punkte der Musik unbedingt den Spuren seines Vorgängers. Seinen organisatorischen Neigungen entsprechend, gab er der jungen Kapelle bis ins einzelne gehende Statuten; aber vor allem erweiterte er sie durch die Hinzuziehung von Instrumentalmusikern, womit er allerdings eine Richtung einschlug, die nicht im Sinne des sangesfreudigen Joachim lag. Unter Joachim Friedrich, um die Wende zum s7. Jahrhundert, hat sich das Verhältnis bereits umgekehrt: die Instrumentalkapelle zählt elf Mann, während die Kantorei auf drei Sänger außer den Diskantknaben zusammengeschmolzen ist. Nur vorübergehend kam der Gesang wieder zu seinem Recht, als Johann Sigismund im Jahre s6s2 den hochbedeutenden Thorkomponisten NicolausZangiusals Kapell­meister nach Berlin berief. Leider sind wir über die drei vorhergehenden Jahre, in denen Johannes Eccard, der berühmte Schöpfer der preußischen Festlieder,') an der Spitze der Kapelle stand, gänzlich ohne Nachricht; wir vermögen uns weder über die innere noch über die äußere Kapellgeschichte der Jahre s60816 s s Klarheit zu ver­schaffen und die Berliner Wirksamkeit des großen Meisters zu würdigen. Es scheint auf Betreiben des Zangius, der von der Kaiserlichen Kapelle in Prag her an die größten Mittel gewöhnt war, geschehen zu sein, daß die Kapelle wesentlich verstärkt und nament­lich die Sänger wieder auf eine brauchbare Zahl gebracht wurden. Aber noch unter Zangius' Direktion bereitete sich ein Wiedereinlenken in die instrumentale Richtung vor. Die Alleinherrschaft des mehrstimmigen Gesanges war gebrochen; die Instrumental­musik, die zunächst auf italienischem Boden besonders gepflegt, dann im Beginne des s7. Jahrhunderts von den Engländern zur Entfaltung gebracht wurde, begann selb­ständig aufzutreten. Englische Komödiantentruppen, deren Repertoire vom Gaukler- sprnng bis zur Shakespeareschen Tragödie reichte, führten Orchester mit sich, durch die der Deutsche zuerst mit englischer Instrumentenkunst, vor allem mit englischem Gamben- und Harfenspiel bekannt wurde. Auch nach Berlin kam süsH eine solche Wandertruppe, und wie die Komödianten an viele Höfe Musiker abgeben mußten, ließen sie auch der brandenburgischen Hofkapelle einen Violaspieler zurück. Es war WalterRoweder Altere, einer der geschätztesten Violisten seiner Zeit, der Lehrmeister zweier Generationen Berliner Musiker, um dessen Unterricht willen selbst Ausländer nach der branden­burgischen Residenz pilgerten. Während seiner fast 60 Dienstjahre blieb Rowe nicht

0 Erster Teil der Preußischen Festlieder vom Advent an bis Dstern. Mit 5, 6, 8 Stimmen. Elbing t 6 H 2 . Anderer Teil . . . Von Dstern an bis Advent. Mit 5, s, 7, 8 Stimmen. Aönigsberg Z644. posthume Ausgabe von Ioh. Stobäus. Neudruck von Teschner 1858.

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