Daß die Regierung die Juden in den brandenburgischen Landen in Ruhe ließ, hat seinen guten Grund: Kaiser Ludwig, der „erwählte und rechtmäßige König der Deutschen“, hatte sich geweigert, seine Krone aus der Hand des Papstes (von Gottes — d. h. des Papstes — Gnaden) entgegenzunehmen, also nicht um die päpstliche Genehmigung zu ihrer Annahme nachgesucht. Strafe: Kirchenbann.
Der päpstliche Bannstrahl traf aber nicht bloß den Kaiser, sondern auch dessen Sohn, den brandenburgischen Markgrafen. Die Märker blieben ihrem jungen Landesherrn treu. Gefährlich wurde ihm nur die Gegnerschaft des Herzogs Rudolf. Dieser schmeichelte sich mit der Hoffnung auf Beseitigung des wittelsbachischen Herrschergeschlechtes und auf seine eigene Rückberufung auf den Thron, denn auch Rudolf hatte unter den Brandenburgern seinen Anhang. Die Parteinahme der Berliner Bevölkerung für und wider den brandenburgischen Markgrafen zeitigte einen grauenhaften Vorgang: der erregte Pöbel schleppte den rudolfisch gesinnten Propst Nikolaus von Bernau auf den Scheiterhaufen! Die Folge war, daß der Papst allen Geistlichen die Vornahme kirchlicher Amtshandlungen dort untersagte. Über zwei Jahrzehnte seufzte die Mark unter diesem Interdikt, das nicht nur das religiöse Leben, sondern auch die Wirtschaft schwer schädigte; denn mit den vom Papst geächteten Priestermördem wollte kein „Ausländer“ mehr etwas zu tun haben.
Kein Wunder, daß Markgraf Ludwig in den Juden seine Leidensgenossen erblickte und für das Schicksal ihres Anderssein und der daraus entstammenden Abneigung der Umwelt Verständnis hatte. Zur Finanzierung seines Kampfes gegen den Papst mußten die Juden beitragen, die Ludwig in seinen Urkunden „kluge und bescheidene Leute“, „Unsere aufrichtig Geliebten“ („nobis sincere dilecti“) nennt. Wie sein Vater, der Kaiser, nahm auch er die brandenburgischen Ju-
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