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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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Der Berlin-Köllner Rat begründete seine Bitte um das Verfügungsrecht über die Juden: damitden Steuern und sonstigen Bedürfnissen der Städte aufgeholfen werde (1320), zur Bequemlichkeit und zum Nutzen unserer Ratmannen (1354). Nauen darf zwei Judenaus besonderer Gnade zur besseren Erhaltung der Stadt halten (1315). Rathenow be­lehnt der Markgraf mit zwei Juden,weil wir angesehen haben Armuth und Notdurfft unserer Stadt zu Rathenow, auf daß sie dieselbe bessern mögen, Kottbus: als Belohnung fürgetrewe dinste. Wenn beim Streit um die Judenab­gaben die Fürsten gewannen, so bedeutete dies fast immer eine Gefahr, denn die mächtigen Städte gewährten den Juden aus steuerlichen Gründen wirksameren Schutz als die Landesherren. War der Fürst in Not, so verpfändete er die Juden (wie ers 1348 mit den Gubener, 1354 mit den Prenz­lauer Juden machte).

Der jüdische Gelderwerb war durchaus nicht ungefährlich.

Gegenstände, die dem Juden bei Tageslicht zum Pfand gegeben wurden, blieben vorübergehend sein Eigen­tum, hingegen nicht das zur Nachtzeit übergebene Gut; dies war unzweifelhaft gestohlen. Aber auch das im Dunklen überbrachte Pfand durfte ihnen bis zu dessen Einlösung nie­mand nehmen. Kein Geistlicher hatte das Recht, in welt­lichen Dingen einen Juden zu belangen; das sei nur Sache des Stadtrichters, im Ablehnungsfälle Sache des Landes- herrn oder seines Vogtes. Ohne Zeugenschaft zweier glaub­würdiger (biederer) Christen und zweier Juden durfte ein Jude nicht verklagt werden; geschah es dennoch, so wurde ihm sein Recht. Als Pfänder durfte der Jude Pferde, Klei­dungsstücke und Getreide nehmen; löste sie der Schuldner nicht ein, so durfte sie der Pfandleiher verkaufen.

Markgraf Ludwig gestattete den Juden das unein­geschränkte Handeln mit Lebensmitteln. Die Übertragung seiner Hoheitsrechte auf einzelne Städte öffnete vielfach

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