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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Als im Jahre 1321 in Frankreich ein großer Teil der Be­völkerung vom Aussatz dahingerafft wurde, war zuerst die Beschuldigung aufgetaucht, die Juden hätten diese armen Kranken zur Vergiftung der Brunnen angestiftet und so dem Umsichgreifen der schrecklichen Seuche den Weg ge­bahnt. Als nun knapp dreißig Jahre später abermals ein großes Sterben durch die Welt ging, besann man sich auf dieSchuldigen von 1321.Die Juden haben die Brunnen vergiftet, und den Rhein und die Donau! hieß es jetzt in allen Ländern. Nur in Italien nicht; hier kündigte gerade die Frührenaissance das Erwachen einer gewaltigen Mensch­heitskultur an. Daß die Juden selber aus den Brunnen und den Flüssen Wasser schöpften, wurde übersehen.

Ein Sündenbock war gefunden. Papst Clemens VI. geißelte die Beschuldigung der Brunnenvergiftung als ein Verbrechen; vergebens. Zu tief hatte sich der Aberglauben in die verzweifelte Menschheit eingefressen. Hand in Hand mit dieser Massenpsychose ging der Haß gegen die Geld­besitzer und Geldverleiher. Die Bußprediger riefen nicht zum Kreuzzug gegen Verschwendungssucht und Schulden­machen auf, sondern gegen diejenigen, welche die Pfänder verwahrten:Tötet die Juden, und ihr bekommt euer Eigen­tum zurück! Dreihundert jüdische Gemeinden in Deutsch­land wurden mit Feuer und Schwert ausgetilgt. Um den ent­menschten Horden nicht in die Hände zu fallen, suchten Tausende freiwillig den Tod.

Auch die Mark Brandenburg blieb von der Seuche nicht verschont. Auch hier dieselben Anklagen gegen die Juden. Das Unglück hat sich aber hier, im Norden Deutschlands, nicht in so brutaler Form ausgewirkt wie anderwärts. Der Markgraf und die Städte waren überzeugt, daß eine Ver­folgung der Juden obendrein wegen des Märchens von der Brunnenvergiftung ihre Einkünfte schmälern würde. Vielleicht waren sie auch zu vernünftig, um auf einen völlig

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