gebreiteten geistlichen Gerichtsbarkeit entzogen wurden. Es geschah besonders im Pestjahre, daß sie nach der eigentlichen Bedeutung für vogelfrei erklärt und von einem jeden, der boshaft und grausam genug war, in der Wut und heiligem Eifer ermordet oder auch ausgeplündert und nackend fortgejagt wurden; da sie denn vor Hunger und Kälte in den Wäldern und Höhlen umkommen mußten. Die Gerichtshöfe wuschen an den meisten Orten ihre Hände in Unschuld, zogen aber die liegenden und anderen Güter der vom Pöbel erschlagenen Juden als verfallen ein.“
Wem das beschlagnahmte Eigentum der Juden zufallen sollte, richtete sich nach ihrer Hörigkeit. Unzweifelhaft haben sich Stadt und Markgraf die Einkünfte geteilt. Unter den Wittelsbachern wogte das Übertragen und Zurückverlangen von Rechten hin und her. So hatten die Markgrafen Ludwig II. und Otto der Faule den Städten Berlin und Kölln einmal die Abgaben der Juden verpfändet und dann wieder das Verfügungsrecht über diese Steuern zurückerworben. Erlaubte der Landesherr einem Magistrat die Aufnahme von Juden, so mochte es Vorkommen, daß sich der Fürst alle Rechte auf die Juden und ihr Geld sicherte (wie in Mittenwalde, 1356). In Treuenbrietzen ermächtigte der Markgraf sogar den einfachen Bürger Hans Kaiser, bis zur Tilgung einer bei diesem kontrahierten markgräflichen Schuld, Juden in der Stadt aufzunehmen und zu besteuern; Kaiser sollte sie aber auch „vertedigen und hegen von unsertwegen“.
So ungeklärt war damals die Rechtslage der Juden!
Wenn — wie Salzwedel — auch andere märkische Städte den Juden ihren Schutz zusicherten, z. B. Perleberg, so übersiedelten doch viele Juden aus der Altmark und den umliegenden Gebieten in die Neumark. Auch hier schützte sie Markgraf Ludwig. Außer dem üblichen „Judenzins“ an ihn selber, brauchten sie keinerlei Abgaben mehr zu ent-
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