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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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einen vorzeitigen Abschluß. Sein Sohn Sigismund, dem weniger an Brandenburg als an Ungarn lag, verpfändete die Mark an seinen Vetter Jobst von Mähren. Für diesen bedeutete dies unglückliche Land nichts anderes als ein reines Ausbeutungsobjekt. Bald begannen die mär­kischen Adligen, voran die Quitzows, mit dem neuen Lan­desherrn an Gewalttat, Mord und Raublust zu wetteifern.

Zunächst noch erfreuten sich die Juden auch in jener anarchischen Zeit, in der die märkischen Regenten meist in ihrer böhmischen Heimat lebten, einer leidlichen Sicherheit. Allerdings nur in den Städten. Wehe dem Juden, der sich auf die Landstraßen wagte! Für die Waren, die er von Dorf zu Dorf schleppte, glaubte der Junker auf seinem Schloß bessere Verwendung zu haben; den bedauernswerten Ge­schäftsmann warf er kaltlächelnd ins Burgverließ. Etwas milder verfuhr der Ritter ff Werner von Holtzendor mit dem Juden Abraham aus Strausberg: er nahm ihn ge­fangen undbeschatzte ihn um 45 Schock böhmische Groschen, für deren Bezahlung der Bürgermeister, die Rats­herren und ein paar Bürger aus Strausberg Bürgschaft lei­steten. Das Geld wurde entrichtet und Abraham frei­gelassen.

Wenn den Juden in der Stadt ein Mindestmaß an Rech­ten verblieb, so hatten sies dem zwischen 1390 und 1400 in Kraft getretenen, für die Mark gütigenBerlinischen Stadtbuch zu verdanken, dessen Bestimmungen über die Rechtslage der Juden vielfach mit denen des allgemeinen Landrechts,Sachsenspiegel genannt, übereinstimmen. Die Einleitung zum Stadtbuch auferlegt den Städten die Pflicht des Judenschutzes, weil die Christenheit das Alte Testament (Das Gesetz) von den Juden hätte,dar wi met tugnisse hebben von Christo; weil es der Wille derolden veder sei, von denen Christussyn beginsel seyner menschheit nam. In diesem Stadtbuch werden dem Juden die Men-

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