sehen.“ In solchem Falle pflegte er lächelnd zu fragen: „Waren Sie schon in — Weimar?“ Damit hatte er den Gast mit großzügiger Geste auf die großen Geister (Herder, Wieland) abgelenkt. Jedesmal, wenn des Königs Schwester, die Königin Ulrike von Schweden, oder sein Neffe, der Erbprinz von Braunschweig, in Berlin weilten, baten sie um seinen Besuch; und wenn die Königin an ihren Gatten schrieb, berichtete sie voll Stolz: „Ich habe den berühmten Juden gesprochen“. Hoch und niedrig schieden innerlich bereichert von ihm.
In seinem schlichten Hause, Spandauer Straße 68, erwuchs der erste Salon des gebildeten, bis dahin von Adel und höherem Beamtentum gänzlich in den Hintergrund gedrängten Bürgertums. Seltsam, daß der Träger solcher höchst kultivierten Geselligkeit ein Jude war, nach dem der Pöbel beim Spaziergange mit seinen Kindern vor dem Halleschen Tore Steine warf! Ein andermal verhöhnte ihn ein Offizier (der ihn nicht kannte): „Na, Jude, womit handelst Du?“ „Womit ich handle, das kaufen Sie ja doch nicht!“ „Nanu, wat is’n det?“ „Verstand.“
Als er 1763 die Preisaufgabe der Berliner Akademie der Wissenschaften, „Über die Evidenz der metaphysischen Wissenschaften“, löste — Kant erhielt nur den zweiten Preis! — wählte ihn diese gelehrte Körperschaft einstimmig zu ihrem Mitgliede. Friedrich d. Gr. aber strich seinen Namen aus. Mendelssohn: „Es ist besser, die Akademie wählt mich, und der König streicht mich aus, als daß mich der König wählt und die gelehrten Herren lehnen mich ab.“
Der Mathematiker Kästner, ein damals gefeierter Epigrammdichter, quittierte diese Brüskierung, mit einem Blick auf des Königs Tafelgenossen Voltaire, Maupertuis, d’Alembert etc.:
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