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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Ein Dionys rief von der Seine Strande Sophistenschwärme her für seinen Unterricht.

Ein Plato lebt in seinem Lande,

Und diesen kennt er nicht.

Vielleicht ging die Ablehnung auf ein herbes Urteil zurück, das sich Mendelssohn in denLiteraturbriefen über ein Gedicht Friedrichs d. Gr.,Von der Unsterblichkeit der Seele, erlaubte.

Mendelssohn war dem Könige wohlbekannt, nicht als Philosoph, sondern als Geschäftsmann, hatte ihm doch dieser als Geschäftsführer des Seidenhauses Bernard wich­tige Vorschläge zur Hebung des Absatzes und der tech­nischen Vervollkommnung dieser Industrie unterbreitet.

Die Legende hat sich obiger Kritik*) bemächtigt, eine Audienz beim Könige konstruiert und hierbei dem Philo­sophen eine sehr geistreiche Bemerkung in den Mund gelegt. Mendelssohn war an der Audienz anscheinend nur passiv beteiligt. Er erhielt am 29. September 1771 eine Einladung zu dem kursächsischen Minister Freiherrn von Fritzsch, der in Potsdam als Gast beim Könige weilte. Mendelssohn merkte sogleich, daß die Aufforderung vom Könige ausging. Fritzsch hatte dem Monarchen bei der Tafel mitgeteilt, er müsseheute noch nach Berlin reisen. Der König:Warum so eilig, Gefällts Ihnen in meinen Staaten nicht länger? Fritzsch:Majestät, ich muß Herrn Moses Mendelssohn kennen lernen. Der König:Bleiben Sie nur hier, Herr Moses soll herüberkommen. Nun war am folgenden Tage Feiertag, Schmini Azereth. Da Mendels­sohn sich nicht eigenmächtig über das religiöse Verbot des Fahrens am Sabbat und Feiertag hinwegsetzen wollte, erbat

*) Die dem Philosophen in den Mund gelegte Antwort:Maje­stät, wer Verse macht, schiebt Kegel; und wer Kegel schiebt er sei König oder Bauer muß sich gefallen lassen, daß der Kegel­junge ausruft, was er schiebt, ist geschichtlich nicht erwiesen.

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